Nach dem Vorschlag des Bundesrates würde die Überbrückungsleistung (ÜL) bis zur ordentlichen Pensionierung ausgerichtet. Der Ständerat dagegen will sie nur bis zur Frühpensionierung ausrichten – bis der Vorbezug einer Altersrente möglich ist.
Er hat einen Antrag von Ruedi Noser (FDP/ZH) mit 23 zu 21 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die Gegnerinnen und Gegner argumentierten vergeblich, mit einer Frühpensionierung müssten die Betroffenen lebenslang tiefere Renten in Kauf nehmen.
Tiefere Beträge
Die Überbrückungsleistung wird gleich berechnet wie eine Ergänzungsleistung: Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Sie ist plafoniert. Der Ständerat will indes eine tiefere Obergrenze festlegen als der Bundesrat vorschlägt.
Nosers Antrag dazu nahm er mit 24 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Demnach soll die Leistung für alleinstehende Personen höchstens 38'900 Franken pro Jahr betragen statt 58'350 Franken. Den Höchstbetrag für Ehepaare legte der Rat bei 58'350 statt 87'525 Franken fest. Der Betrag soll steuerfrei sein. Die Kommission war bei den Beträgen dem Bundesrat gefolgt, wollte diese aber nicht von der Steuer befreien.
Für die Branche empfehlen HotellerieSuisse und Parahotellerie Schweiz, das Bundesgesetz anzupassen. Die Überbrückungsrente (ÜR) sollte nicht dazu führen, dass ältere Arbeitnehmende schneller entlassen
werden oder ihr Anreiz zur Stellensuche vermindert wird, argumentieren die Verbände. Aus diesen Gründen seien folgende Anpassungen vorzunehmen:
• Die ÜR soll erst ab 62 Jahren bzw. bei einer zukünftigen Erhöhung des Rentenalters drei Jahre vor. der Pensionierung ausgerichtet werden.
• Die ÜR soll im Betrag auf das Zweifache der heutigen Ansätze der Ergänzungsleistungen gedeckelt werden.
• Die ÜR soll mit einer Nachweispflicht für Stellensuche durch die Rentenbezügerinnen und -bezüger verknüpft werden.
Anreiz für Entlassungen
Eine Minderheit aus SVP- und CVP-Vertretern beantragte, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Sozialstaat sei bereits sehr gut ausgebaut, sagte Alex Kuprecht (SVP/SZ). Er warnte vor der Belastung des Bundeshaushalts.
Zudem befürchten die Gegnerinnen und Gegner, dass für Arbeitgeber ein Anreiz geschaffen würde, ältere Arbeitnehmende zu entlassen. «Gut gemeint ist nicht immer gut», befand Peter Hegglin (CVP/ZG). Bevor neue Sozialleistungen geschaffen würden, sollten ohnehin die bestehenden Sozialwerke saniert werden.
Unwürdige Situation
Die Befürworterinnen und Befürworter wiesen auf die Situation der Betroffenen hin. Diese sei unwürdig, sagte Erich Ettlin (CVP/OW). Menschen, die in diesem Alter arbeitslos seien, schrieben Hunderte von Bewerbungen – und erhielten immer dieselbe abschlägige Antwort. «Die Leute wollen arbeiten», betonte auch Maya Graf (Grüne/BL).
Zwar habe die Arbeitslosigkeit bei den Älteren abgenommen, räumten die Befürworter ein. Deren Risiko sei aber hoch, langzeitarbeitslos zu werden. Nur jeder siebte über 55-Jährige finde wieder eine Stelle, sagte Pirmin Bischof (CVP/SO). Der Rat lehnte den Nichteintretensantrag mit 31 zu 14 Stimmen ab.
20 Jahre in die AHV eingezahlt
Anspruch auf ÜL hätten Personen, die mit 58 Jahren oder später ihre Stelle verloren und während der Dauer der Arbeitslosenentschädigung keine neue gefunden haben.
Voraussetzung ist, dass sie mindestens 20 Jahre lang mit einem Erwerbseinkommen von mindestens 75 Prozent der maximalen AHV-Rente in die AHV eingezahlt haben. Weiter muss in den 15 Jahren unmittelbar vor der Aussteuerung während mindestens 10 Jahren ein minimales Erwerbseinkommen von 21'330 Franken erzielt worden sein.
Unter Vermögensschwelle
Anspruch hat ausserdem nur, wer weniger als 100'000 Franken Vermögen hat. Bei Ehepaaren liegt die Schwelle bei 200'000 Franken. Selbstbewohntes Wohneigentum soll bei der Vermögensschwelle nicht angerechnet werden.
Ausserdem hat der Rat im Gesetz verankert, dass der Bundesrat dem Parlament fünf Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes Bericht erstatten muss über dessen Umsetzung und Wirksamkeit. Der Bundesrat soll dem Parlament gleichzeitig einen Antrag für das weitere Vorgehen stellen.
4400 Personen im Jahr
Der Bundesrat geht davon aus, dass nach der Einführungsphase etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf Überbrückungsleistungen haben.
Die Kosten für den Bund betrügen in der Bundesratsversion 30 Millionen Franken im Jahr 2021. In den Folgejahren würden sie steigen und ab 2030 rund 230 Millionen Franken im Jahr betragen.
Dem stünden Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen von zu Beginn 20 Millionen und später mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber, schrieb der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament.
Argument im Abstimmungskampf
Die neue Sozialleistung ist Teil eines Massnahmenpakets für ältere Arbeitslose, das auch dazu dienen soll, die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit zu erhöhen. Der Bundesrat zieht damit die Lehren aus dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative.
Bald steht eine weitere Abstimmung über die Personenfreizügigkeit an, jene zur Begrenzungsinitiative der SVP. Diesmal will der Bundesrat im Abstimmungskampf etwas Konkretes in der Hand haben.
In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage mit 33 zu 11 Stimmen an. Diese geht nun an den Nationalrat. (sda)