Jetzt schon freiwillig Strom sparen, im Winter dies vielleicht auf Anordnung des Bundesrates: Die drohende Stromkrise stellt Hotelbetriebe wenige Monate nach den pandemiebedingten Einschränkungen vor die nächste Herausforderung.
Absenken der Heiztemperatur, weniger Warmwasserverbrauch, Abschalten von elektrischen Geräten oder der Beleuchtung, wenn man sie nicht braucht, energiesparendes Kochen und Backen – in diesen Bereichen sollen nach Empfehlung des Bundesrates Privatpersonen und Betriebe den Sparhebel ansetzen.
Längst auf Induktionsherde umgestellt
Aus Sicht von Hoteliers lassen sich die Spartipps der Landesregierung für einen Betrieb allerdings nicht so leicht umsetzen, wie es zunächst klingt. «Wir kochen mit Induktionsherden, da bringt ein Deckel nichts», sagt Markus Conzelmann, General Manager Radisson Blu Hotel Luzern. Der Hotelier ist skeptisch, ob Gäste eine tiefere Raumtemperatur akzeptieren würden. «Als Seminarteilnehmer will man ja nicht ständig frieren, Feriengäste wollen nicht Geld ausgeben, um sich dann einen Schnupfen zu holen», sagt er.
Käme es zu einer Stromkontingentierung, so hält Conzelmann ein Sparziel von beispielsweise 10 Prozent für seinen Betrieb für umsetzbar – vor allem in einem erfahrungsgemäss schwächer ausgelasteten Monat wie etwa im Februar. Dann liessen sich ganze Stockwerke stilllegen und nur noch reduziert beheizen. Ebenso liesse sich die stromfressende Lüftung drosseln. Am meisten sparen könne man mit guter Wartung.
Dekarbonisierung hat Stromverbrauch gesteigert
Gerade für Betriebe, die ihre Stromeffizienz und auch Nachhaltigkeit verbessert haben, werden weitere Einsparungen schwierig umzusetzen sein. So etwa für das Hotel La Ginabelle in Zermatt VS. Laut Inhaber Thomas Abgottspon ist Stromsparen in der Hotellerie schon seit Jahren ein Thema. Der Wechsel zu LED-Lampen, der Einsatz von Bewegungsmeldern, Hocheffizienzpumpen, automatisierten Lichtprogrammen, fortlaufender Austausch von stromoptimierten Maschinen, Sensibilisierung der Mitarbeitenden – solche Massnahmen habe man im Hotelbetrieb längst ergriffen. Um zudem weg von den fossilen Brennstoffen zu kommen, habe man Millionenbeträge in ein nachhaltiges Geothermie-Heizsystem investiert. Dies spare circa 110 000 Liter Heizöl pro Jahr. Beim aktuellen Ölpreis bedeute dies eine Einsparung von circa 120 000 Franken jährlich. Allerdings stieg mit den drei Wärmepumpen der Strombedarf – auf total über eine Million Kilowattstunden jährlich. Dank weitsichtiger Unternehmenspolitik des EW Zermatt beschränke sich derzeit die Preiserhöhung des Stroms auf 12 Prozent.
Gewisse Einsparungen seien zwar noch möglich, so etwa bei der Fassadenbeleuchtung. Ein Verbot von Wellnessanlagen wäre für sein Hotel allerdings dramatisch. «Wenn ein Hotel seine USP verliert, kann es zumachen», so Abgottspon. Bei der aktuellen Situation sei nun die Politik gefordert: «Wenn Strom fehlt, muss mehr Strom produziert werden.»
«Es geht nur, wenn wir alle aus der Komfortzone herauskommen», sagt Jan Stiller vom Hotel Lenkerhof Gourmet Spa Resort. Der Hoteldirektor würde im Fall einer Stromkontingentierung unter anderem die Gäste sensibilisieren, dass sie die Lichter löschen, den Stromhauptschalter des Zimmers benutzen, richtig lüften sowie auf Klimageräte verzichten. Ausserdem würde er die Betriebszeiten des Saunaparks einschränken. Auch würde er Energieverbraucher abstellen, die Werbezwecken dienen, also unter anderem Vitrinen, Park- und Weihnachtsbeleuchtung. Das Angebot reduzieren – sprich Zimmer oder Restaurants schliessen – würde er nur im schlimmsten Fall.
«Wir können es nur gemeinsam schaffen», sagt Stiller. «Und das bedeutet eben auch, dass in den einen oder anderen sauren Apfel gebissen werden muss.»
Unterstützung, auch in Sachen Energieeffizienz
Mit Unterstützung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) bietet HotellerieSuisseinteressierten Betrieben ein Coaching-Programm an. Dieses soll Hotels ermöglichen, zielgerichtet in die Zukunft zu steuern. Wer seine Energieeffizienz verbessert, kann sich hinsichtlich Nachhaltigkeit neu positionieren – dies ist eines der Hauptthemenfelder des Coachings. Weitere mögliche Inhalte sind Restrukturierung und Finanzplanung, Prozessoptimierungen (Digitalisierung, Ressourcen, Kosten). Seit kurzem unterstützt das HotellerieSuisse-Coaching Betriebe auch in Fragen zum Employer-Branding und zum Marktaustritt. Nach einem Standortgespräch schlägt HotellerieSuisse eine Auswahl von bis zu fünf möglichen Coaches vor. Der Experte nach Wahl des Betriebs begleitet und unterstützt bei der langfristigen Planung. Er hilft den Betrieben dabei, wettbewerbssteigernde Massnahmen zu erkennen und zu implementieren. Hotels sollen so ihr Potenzial optimal nutzen können.