Von Emilio Rappold, dpa
Die berühmt-berüchtigten «Bier-» und «Schinkenstrasse» werden ab sofort und vorerst für zwei sommerliche Monate trockengelegt. Auch die Sündenmeile Puerto Ballena in der Briten-Hochburg Magaluf westlich von Palma sei von den Zwangsschliessungen betroffen, teilte die Regionalregierung am Mittwoch mit.
Deutsche und Briten hatten am Wochenende für «Chaos» gesorgt, wie die Inselzeitung «Última Hora» titelte. Angetrunkene Männer und Frauen ohne Mund-Nasen-Masken hatten unter anderem im dichten Gedränge afrikanische Strassenhändler umarmt, geflirtet, gegrölt – und, wie zahlreiche Videos zeigten, sich nicht im mindesten um die Corona-Regeln geschert.
Die Empörung war gross. Nicht nur auf Mallorca und in Spanien, sondern auch in Deutschland. «Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird», sagte Gesundheitsminister Jens Spahn.
Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela hatte bei der Bekanntgabe der Massnahmen jetzt eine klare Botschaft parat: «Wir wollen diese asozialen Touristen hier nicht haben. Sie sollen nicht kommen», rief der sozialistische Politiker. Man dürfe nicht zulassen, «dass einige wenige dem Image der Inseln Schaden zufügen»
und die Erfolge der Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzten.
Negueruela warnte, man werde nicht zögern, die Massnahmen wenn nötig auch auf andere Gebiete der Insel auszuweiten. «Die Gesundheit geht vor. Und ohne Gesundheit gibt es auch keine Wirtschaft.» 200'000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Je nach Entwicklung sei eine Verlängerung und auch eine Verkürzung der Zwangsschliessungen denkbar.
Kritisiert wurden nicht nur die Gäste, sondern auch Lokalbesitzer, die nicht für Ordnung sorgten. Verwaltungsministerin Isabel Castro erinnerte daran, dass seit Freitag ein Bussgeldkatalog gilt, wonach bei Verstössen gegen die Corona-Regeln bei Partys vor allem die Lokalbesitzer, aber auch Organisatoren von Feiern selbst in privaten Wohnungen mit Strafen von bis zu 600'000 Euro belegt werden können.
Vor der Pressekonferenz, bei der unter anderem auch ein Verbot der auf «Malle» traditionsreichen langen Strohhalme fürs gemeinsame Trinken verkündet wurde, waren rund 500 Betreiber von Nachtlokalen und Diskos in Palma im Protest auf die Strasse gegangen. Diese Betriebe haben ein Fassungsvermögen von mehr als 300 Gästen, auf allen vier Inseln dürfen sie wegen Corona noch nicht öffnen.
Betroffen sind auch die Kultlokale «Megapark» und «Bierkönigv. Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie «Ohne Tourismus sterben wir» und forderten die Wiedereröffnung ihrer Betriebe.
Doch sie sind auf Mallorca in der Minderheit. Streit lösten die neuen Massnahmen bisher nicht aus. Die 40'000 Bewohner des S'Arenal, wo der Ballermann liegt, haben grosse Angst vor dem Coronavirus. «Natürlich habe ich Bammel. Die Deutschen leben einfach in einer anderen Welt», sagte eine Playa-Anwohnerin der Deutschen Presse-Agentur.
Die stellvertretende Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca (FEHM), María José Aguiló, verurteilte die illegalen Partys «aufs Schärfste». «Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen.» Die Hoteliers kennen die wirtschaftlichen Folgen des langen Corona-Lockdowns in Spanien nur zu gut – und wollen unter keinen Umständen, dass sich das wiederholt. (sda/dpa)