Viele Branchenkenner fragten sich, ob die Wintercard 2016/17 der Saastal Bergbahnen AG clever überlegt sei oder aus Verzweiflung erfolgte. Kurz vor Saisonstart rauchten nämlich manchen Bergbahnverantwortlichen in den Schweizer Alpen die Köpfe; eine hitzige Diskussion über Sinn oder Unsinn einer neuartigen Marketingkampagne im Saastal machte von sich reden.
Saas-Fee ging mit der ungewöhnlichen Kampagne im letzten Winter auf Kundensuche: 222 Franken für einen Saisonpass - dies galt aber nur, wenn 100'000 Bestellungen erreicht würden. Am TFA-Forum Ende März zog nun Rainer Flaig, Delegierter des Verwaltungsrates der Saastal Bergbahnen AG, erstmals Bilanz. Er stand dem TFA-Veranstalter Roland Zegg Rede und Antwort:
Roland Zegg: Was waren die wahren Gründe für diese Aktion?
Rainer Flaig: Die Aktion haben wir von langer Hand mit Marketingspezialisten, verbunden mit der Destination -IT-Engine, über zwei Jahre vorbereitet. Wir wollten neue Gäste gewinnen und wir wollten über Online-Marketing auch einen grossen Bestand an aktuellen Kundendaten aufbauen.
Wie sieht die Bilanz nach der ersten Wintersaison aus?
Innerhalb von nur fünf Wochen sind Bestellungen für 90'000 Saisonpässe eingegangen, letztlich haben wir sagenhafte 75'000 Tickets effektiv verkauft – statt wie bisher 1800 Karten zu 1050 Franken! Wir haben bereits jetzt einen Top-Datenbestand von neuen Kunden. Die Marketingkampagne hat 63 Millionen Kontakte ausgelöst. Wir hatten viele neue Gäste in der Destination, namentlich aus dem Raum Zürich.
Geht die Rechnung auf?
Im ersten Winter stiegen die Ersteintritte um ca. 50 Prozent auf wieder rund 500'000. Die Erträge konnten wir um ca. 20 Prozent erhöhen und werden dank dem Mehrertrag eine «schwarze Null» schreiben. Der Umsatzanteil der Saisonabos wird nun auf etwa 70 Prozent der Gesamtumsätze steigen.
Warum der Preis von 222 Franken?
Die Rechnung geht so auch für den Gast auf. Wir wissen, dass er bei einem üblichen Aufenthalt in Saas-Fee dreimal auf die Piste geht, das würde ihn drei Tageskarten à 72 Franken, also 216 Franken kosten. Nun bezahlt er etwa gleich viel, kann aber beliebig oft fahren und kommt dann wahrscheinlich öfters nach Saas-Fee. Das generiert zusätzliche Wertschöpfung in der Destination, da er das Ticket schon im Vorfeld bezahlt hat. Wir haben die Preissensitivität sehr sorgfältig abgeklärt und konnten so die Kauf- und Zahlungsbereitschaft für den Saisonpass gut abschätzen.
Was hat die Kampagne gekostet?
Wir rechnen mit Marketing- und Logistikkosten für diese Initialzündung der Kampagne von vier bis fünf Millionen Franken. Das ist für uns gute Werbung, aber auch ein Investment in den Markt.
Wie geht es weiter?
Der Verkauf für die nächste Saison ist bereits angelaufen. Bis gestern Abend (27. März) sind 14'100 Saisonkarten reserviert worden (Anm. Red.: 30'400 per 03. April). Zudem wird das Basisangebot ausgebaut und mit Mehrwerten angereichert. Es wird die Classic Wintercard geben für 222 Franken, die Premium Card mit Zusatzleistungen für 299 Franken und die VIP Card für 399 Franken. Somit wandelt sich die Wintercard von einem reinen Skipass zu einer Life-Style-Card. (htr/og)