Noch immer reisen weniger Gäste aufs Jungfraujoch als vor der Corona-Pandemie. Dennoch erzielte die Jungfraubahn-Gruppe im ersten Semester 2023 einen Rekordgewinn. Für den Gruppen-Chef Urs Kessler ist das ein guter Zeitpunkt, um seinen Rücktritt in zwei Jahren anzukündigen. Per Juni 2025 tritt er in den Ruhestand. Das Unternehmen startet den Nachfolgeprozess in Kürze. Bis spätestens Ende 2024 soll die Nachfolge bekannt sein.

Kessler ist seit 36 Jahren bei der Jungfraubahn tätig. Nach 15 Jahren als Geschäftsführer stünden «die Zeichen gut für einen Wechsel an der Spitze», so wird er in der Mitteilung zitiert. Er habe sich vorgestellt, das «V-Bahn»-Projekt erfolgreich abzuschliessen, die Einführung und die operative Umsetzung im Betrieb noch ein, zwei Jahre zu begleiten und dann nochmals eine neue Aufgabe ausserhalb der Unternehmung anzunehmen. Die Pandemie machte einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen werde er nun im Juni 2025 in den Ruhestand treten. 

Generationen-Projekt V-Bahn
Die V-Bahn zählt Kessler denn auch zu den grossen Leistungen seiner Karriere als CEO. Er habe das «Generationen-Projekt initiiert» und mit «viel Herzblut» umgesetzt. «Das war sicher eine einmalige Chance im Leben – so ein Projekt wie die V-Bahn kann man als Chef eines Unternehmens nur einmal realisieren.»

Als weiteren Meilenstein seiner bisher 36 Jahre andauernden Tätigkeit für die Gruppe - 15 Jahre davon an der Spitze - bezeichnet er den Aufbau des asiatischen Marktes. «Als ich beim Unternehmen anfing, hatten wir japanische Gäste, aber sonst waren wir nirgends. Heute sind wir Markt-Leader in sämtlichen asiatischen Märkten», sagte er.

Die Entwicklung der Jungfraubahnen während seiner Ära lässt sich auch anhand der Zahl der Mitarbeitenden illustrieren: Diese verdoppelte sich bis vor der Pandemie auf 1000 Angestellte.

Halbjahresbericht
Die Jungfraubahn hat sich im ersten Halbjahr 2023 weiter erholt. Die Gästezahlen näherten sich weiter dem Vor-Corona-Niveau an. Im ersten Halbjahr 2023 reisten 419'400 Besucherinnen und Besucher auf das Jungfraujoch, wie die Bergbahnbetreiberin mitteilte. Die Besucherzahlen waren mehr als doppelt so viele im Vergleich zur Vorjahresperiode. Zum ersten Semester des Jahres 2019 fehlten 11 Prozent.

Der Betriebsertrag, Restaurants mit inbegriffen, wuchs im Vorjahresvergleich um gut 35 Prozent auf 132,5 Millionen Franken. Der reine Verkehrsertrag stieg um rund 50 Prozent auf 94,3 Millionen Franken. Das Betriebsergebnis (Ebita) lag mit 63,1 Millionen gar um fast 65 Prozent höher als ersten Halbjahr 2022. Unter dem Strich erwirtschaftete die Gruppe einen Rekordgewinn. Dieser lag mit 35 Millionen Franken mehr als doppelt so hoch im Vergleich zur Vorjahresperiode. Die damalige Summe betrug 15,3 Millionen Franken. Auch gegenüber dem ersten Semester 2019 sind es gut 46 Prozent mehr.

Letzter Schritt zur Normalität
Die Gästezahlen beim Jungfraujoch erreichten noch nicht das Vor-Corona-Niveau. Die Besucherzahlen an den «Erlebnisbergen» erreichten Vor-Corona-Werte. Erwähnenswert: der Gruppe ist es gelungen, mehr Geld pro Gast einzunehmen und profitabler zu wirtschaften.

Eine positive Bilanz zieht die Bahnbetreiberin zudem zur neuen «V-Bahn» mit Eiger Express und Männlichenbahn. Dies sei nicht nur für den Wintersport bedeutend, sondern auch für die Frühlings- und Sommergäste. Damit werde die «Vision Zwölf-Monate-Hochsaison» immer mehr zur Realität.

Die positiven Trends des ersten Halbjahres 2023 hätten sich in den Hochsaison-Monaten Juli und August denn auch fortgesetzt. Der Geschäftsverlauf im zweiten Halbjahr werde aber weiter von Unsicherheiten geprägt sein, warnt das Unternehmen zugleich. So könnten der Krieg in der Ukraine, die globalen Konjunktur-, Preis- und Währungsentwicklung sowie Engpässen bei den interkontinentalen Flugverbindungen und Visa-Ausstellungen in einigen asiatischen Ländern weiter das Geschäft belasten.

Dennoch erhofft sich die Jungfraubahn-Gruppe nun im laufenden Geschäftsjahr den letzten Schritt in Richtung Normalität zu tun. Hierzu sei eine weitere Normalisierung der internationalen Reisemärkte - insbesondere bei den Gruppenreisen - notwendig. (keystone-sda/mm)