Der Herbst hat in den letzten Jahren touristisch stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere für spontane Entdeckungsreisen. Seit 2018 führt Schweiz Tourismus (ST) deshalb internationale Herbstkampagnen durch und analysiert die Entwicklung in der farbenfrohen Nebensaison.
Gemäss den Ergebnissen einer Ende Oktober von ST durchgeführten Branchenumfrage wird die Herbstsaison 2020 (September und Oktober) auf nationaler Ebene eine insgesamt negative Logiernächtebilanz aufweisen. Für die beiden Herbstmonate meldeten die Bergdestinationen und das Tessin jedoch einen grossen Zustrom von Schweizer Gästen. Das schlägt mit einem Anstieg der Übernachtungen um 15 bis 20 Prozent positiv zu Buche.
Gäste aus den Nachbarländern fehlten im Herbst
Alle diese Regionen stellen jedoch fest, dass die Gästezahlen aus den europäischen Nachbarländern im Herbst stark zurückgegangen sind. Im Sommer seien diese Zahlen deutlich zufriedenstellender gewesen, teilt ST mit. Insbesondere die von Belgien und Deutschland eingeführten Reisebeschränkungen in die Schweiz hätten einen grossen Einfluss. So werde der für diesen Herbst erwartete Rückgang der Übernachtungen ausländischer Touristen stärker ausfallen als in den Sommermonaten (-55 Prozent, verglichen zum Vorjahr).
Bei den Tagesausflüglern (Eintritte zu Attraktionen und Exkursionen) zeigt sich ein ähnlicher Trend mit einem Plus von 10 Prozent bei Inlands- und einem Minus von fast 50 Prozent bei Auslandsgästen. Ab Mitte Oktober sei es bei vielen Anbietern zu einem starken Rückgang der Buchungen und Teilnehmerzahlen gekommen, schreibt ST. Das sei auf die drastische Zunahme der Reisebeschränkungen, den Beginn der «zweiten Welle» der Pandemie, in Verbindung mit schlechtem Wetter und Schneefall, zurückzuführen.
Hotelübernachtungen im September rückläufig – Lage in den Städten dramatisch
Die in der ST-Umfrage aufgezeigten Trends zum Verlauf der Herbstsaison werden von den offiziellen Hotellogiernächtezahlen für den Monat September des Bundesamts für Statistik bestätigt: Die Zahlen zeigen, dass die schweizweite Zunahme der Hotelübernachtungen von Schweizer Gästen (+ 20,6 Prozent) den massiven Rückgang bei den ausländischen Gästen (- 68.5 Prozent) nicht kompensieren kann, was zu einem Minus von insgesamt 28,1 Prozent führt.
Die einzigen drei Regionen, die total ein Plus bei den Hotellogiernächten erreichen, sind das Tessin (+15,1 Prozent), Graubünden (+14,6 Prozent) und die Ostschweiz (+3,7 Prozent). Optimistisch stimme aber, dass im September 2020 im Vergleich zum September 2019 eine Verlängerung der Aufenthaltsdauer um 10.5 Prozent verzeichnet werden konnte.
Die Rückgänge in den grossen städtischen Regionen, beeinflusst durch das fast vollständige Fehlen von Touristen aus fernen Ländern und die Verlangsamung des Geschäftstourismus, können als dramatisch bezeichnet werden: Genf (- 73,9 Prozent), Zürich (- 63,3 Prozent), Basel (- 50,2 Prozent). Die Situation der Tourismusanbieter in den Städten hat sich mit der Einführung strengerer Schutzmassnahmen durch Bund und Kantone weiter verschlechtert, ohne Aussicht auf eine baldige Wiederaufnahme des Veranstaltungs-, Geschäfts- und Kongresstourismus.
Wandern und Radfahren werden immer beliebter
Die von ST befragten touristischen Leistungsträger in den Bergregionen bestätigen die signifikanten Trends für Schweizer Gäste, die sich im Sommer abzeichneten: Diese Gästegruppe sei immer häufiger in anderen Sprachregionen des Landes anzutreffen. Vor allem Graubünden und die Ostschweiz verzeichnen demnach weiterhin einen stetigen Anstieg der Gästezahl aus der Romandie.
Aufgrund der mit den Reiseeinschränkungen verbundenen Unsicherheiten würden Buchungen nach wie vor kurzfristiger vorgenommen. Als Folge der Pandemie hätten zudem verschiedene Dienstleistungsanbieter das Fehlen von Gruppen (Verbände, Vereine, Schulen) festgestellt, was sich auch negativ auf die Einnahmen der Busunternehmen ausgewirkt habe.
Outdoor-Sportarten wie Wandern, Mountainbiken und Velofahren waren in diesem Herbst bei den Schweizern sehr beliebt, wie Anke Lock, Managerin des Hotels The Cambrian in Adelboden (BE), betont: «Die Gäste haben die Wanderpauschalen und Fahrradangebote mehr als je zuvor in Anspruch genommen. Die Sportgeschäfte an unserem Reiseziel haben einen Rekordsommer und -herbst erlebt.» Auch im Tessin, wo der Herbst im Tourismus eine immer wichtigere Rolle spielt, bevorzugen die Gäste Ausflüge zu Fuss oder mit dem Velo.
Gute Saison für Wohnungen und Ferienhäuser
Auf die Vermietung von Ferienwohnungen spezialisierte Anbieter wie Interhome berichten von einer guten Herbstsaison: «In den letzten fünf Monaten haben wir eine Verdoppelung der Buchungen von Schweizer Kunden im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 erlebt», sagt Interhome-Sprecherin Bianca Gähweiler.
Dieser starke Anstieg der Buchungen spiegelt sich auch auf der Ferienhaus-Buchungsplattform e-domizil wider, die zwischen September und November 2020 einen Anstieg der Buchungen in der Schweiz um 158 Prozent im Vergleich zu 2019 verzeichnete. (htr)