[IMG 2] Reto Ringger, Gründer und CEO der Anlegerbank Globalance, referiert am Hospitality Technology Forum HTF zum Thema «In die Zukunft investieren – Wie Unternehmen mit einem neuen Mindset und innovtiven Technologien nachhaltig erfolgreich sind». Die Tagesveranstaltung mit Startup-Messe zum Thema «Neue Technologien für die Hotel- und Tourismusbranche» findet am 26. Juni 2019 im Hotel Swissôtel in Zürich-Oerlikon statt. Das Programm und Tickets gibt es unter: www.htf-zuerich.com
Herr Ringger, Ihre Globalance Bank wurde von der Zeitschrift Bilanz soeben als beste Privatbank ausgezeichnet mit der Begründung, Sie seien anders als die anderen. Was machen Sie anders als Ihre Konkurrenz?
Wir denken und handeln anders. Was uns unterscheidet ist, dass wir nicht nur eine Rendite erwirtschaften, sondern Geld ein Gesicht geben. Wenn Sie heute Vermögen anlegen, wissen Sie nicht, was Ihr Geld bewirkt. Sie wissen nicht, welche Wirkung Ihr Vermögen auf die Volkswirtschaft, die Gesellschaft oder unseren Planeten hat. Sie erhalten zwar einen Depot-Auszug, können darauf aber nicht erkennen, was mit Ihrem Geld passiert. Ähnlich wie bei Google Map, zeigen wir unseren Kunden auf, wo und wie ihr Vermögen auf der Welt arbeitet, ob es gut oder schlecht ist für die Volkswirtschaft, Gesellschaft oder Umwelt, kurz: Was der Fussabdruck des Vermögens ist.
Sie haben weltweit erstmalig einen globalen Nachhaltigkeitsindex definiert, eine Liste mit Branchen oder Firmen mit hohem Innovationspotenzial und Nachhaltigkeit, auch bezüglich der Ökologie. Ihre Kunden wollen also einen Profit, gleichzeitig aber auch einen Beitrag zur Gesundung des Planeten Erde leisten. Wer sind diese Kunden?
Unsere Kunden sind interessiert an diesen Themen und wollen bei den nachhaltigen Zukunftstechnologien möglichst früh dabei sein. Es sind zukunftsorientierte Menschen, viele Frauen – deutlich mehr Frauen als Männer – sowie Millennials, für die es keine Diskussion mehr gibt zur Frage, ob man nachhaltig investieren solle oder nicht. Für diese Generation ist das ein Must.
Die düsteren Aussagen zum Zustand unserer Erde vor allem im Bereich der Ökologie und Bewegungen wie die Schülerstreiks für das Weltklima zeigen: Ihr Timing stimmt.
Ja und nein. Ich selbst habe schon 1995 eine Firma gegründet, welche sich damals mit diesen Anlagethemen beschäftigt hat und war dabei sehr früh. Wir machen das nun schon seit 25 Jahren, und wenn wir die globalen Herausforderungen anschauen, stehen wir erst am Anfang. Eine spannende Periode steht vor uns.
Innovativer Banker, ausgezeichnete Privatbank
Reto Ringger hat seit seinem Studium im Bereich der Wirtschaftswissenschaften in Zürich in der Finanzbranche gearbeitet. 2011 gründete er zusammen mit Partnern den Vermögensverwalter Globalance. Der 55-Jährige ist u. a. Mitglied des Club of Rome. Globalance wird mehrheitlich von den Gründern gehalten und beschäftigt 30 Mitarbeitende. Die Privatbank betreut aktuell Vermögenswerte von 850 Mio. Franken. Fast die Hälfte der Kunden sind Frauen. Für das Wirtschaftsmagazin Bilanz ist Globalance die «Beste Schweizer Bank im Private Banking 2019».
Warum sind Sie die einzige Anlegerbank, die konsequent auf Innovation und Nachhaltigkeit setzt?
So konsequent in eine Richtung zu gehen, ist für «alteingesessene» Banken unglaublich schwierig. Es geht ja nicht nur um Anlagen, sondern auch um die Strategie, die Unternehmens-philosophie, die Kultur und Auswahl und Förderung der dazu passenden Mitarbeiter. Die meisten Banken denken und handeln sehr kurzfristig. Wir glauben jedoch an die grösseren, langfristigen Megatrends und dass sich unsere Welt in den nächsten Jahren sehr stark verändern wird. Zudem gibt es im Banking relativ wenig Innovation, wenn wir uns mit der IT-Branche oder der Konsumgüterindustrie vergleichen. Die Finanzbranche in der Schweiz ist international gesehen relativ gross, was sich bisher leider nicht im Innovationsgrad unserer Branche ausgedrückt hat.
Als Ganzes ist die Schweiz ja doch ein guter und erfolgreicher Innovationstreiber und in der Regel unter den Top drei zu finden.
Das gute Ranking verdanken wir vor allem Branchen wie Pharma, IT, Telekommunikation und den vielen guten Ingenieuren in der Industrie. Sie dürfen nicht vergessen, dass Banken das vordringliche Ziel verfolgen, kein Risiko einzugehen, keine Fehler zu machen. Das prägt die Kultur. Zudem ist der Bankkunde relativ träge und wechselt die Bank eher selten. Aus diesen Gründen war die Innovationsrate bei den Banken bisher nicht sehr ausgeprägt. Ich bin jedoch überzeugt, dass sich das in Zukunft stark ändern wird.
Neue Technologien sollen die Welt verbessern. Was sind für Sie und Ihre Anleger gute Beispiele für nachhaltig erfolgreiche Innovation?
Es sind Technologien, welche der Menschheit helfen, die grossen Herausforderungen zu lösen und innovativer und effizienter mit den Ressourcen umzugehen. In Deutschland etwa werden von Infineon neue Lichtsysteme entwickelt, welche neue Anwendungen ermöglichen und massiv weniger Strom verbrauchen. In den USA entwickeln «Technologie-Unternehmen» einen fleischlosen Hamburger und revolutionieren dadurch die Nahrungsmittelindustrie. In der Schweiz wiederum tüftelt man an Robotern, welche in Kombination mit künstlicher Intelligenz die Landwirtschaft verbessern, indem sie einen neuen Umgang mit dem Boden, dem Wasserverbrauch oder dem Einsatz von Pestiziden ermöglichen. Aber das sind häufig private Unternehmen mit kleinem Aktionariat, die nicht an die Börse wollen – auch dies übrigens eine neue Entwicklung. Da einzusteigen, ist auch für uns nicht immer einfach – obwohl wir den Vorteil haben, ein langfristiger Partner zu sein.
Welche Innovation treiben Sie in Ihrem Unternehmen voran?
Eines der Projekte hat mit der Darstellung der Wirkung von Anlagen zu tun. Diese spannende Aufgabe lösen wir zusammen mit einer spezialisierten Firma in den Niederlanden. Wir entwickeln ein System, bei der wir mittels Google Maps auf der Erdkugel ein Vermögen so abbilden können, dass unsere Kunden mitverfolgen können, wo ihr Geld arbeitet.
Wie nehmen Sie die Innovationskraft der Tourismusbranche wahr?
Grundsätzlich ist Tourismus, gerade im Unterschied zur Bankenwelt, eine kreative Branche. Schliesslich ist die Übernachtung oder das Essen austauschbar und es geht darum, für den Gast ein besonderes Erlebnis zu kreieren. Ich reise oft und beobachte Hotels und Gastrounternehmen, die sehr innovativ sind und mich als Kunde überraschen. Sie schaffen Neues, das auf Interesse stösst und Lust auf mehr verspricht. Die entscheidende Frage gilt ja auch für diese Branche: Wie verändert sich der Kunde? Bestimmt will er immer mehr und dabei Neues erleben. Wir versuchen, dem Geld ein Gesicht und vor allem eine Geschichte zu geben. Dasselbe will der Gastronom oder der Spitzenkoch in seinem Betrieb auch.
Man kann Innovation auch im Kleinen betreiben?
Unbedingt. Es ist oft die Idee und deren Umsetzung, die zählt. Es braucht nicht viel Kapital, um ein besonderes Gästeerlebnis zu gestalten. Zudem bin ich der Meinung, dass Innovation immer günstiger wird, weil die Kosten für Dienstleistungen, für Software und für Hardware laufend sinken. Das ist eher ein Vorteil für kleinere Unternehmen, die ihre Flexibilität und Geschwindigkeit ausspielen können. Eine grössere Hotelkette benötigt länger, um etwas umzusetzen, als ein einzelnes Hotel.
Welche Innovation oder Prozessinnovation wünschten Sie sich von einem Hotel?
Niemand checkt gerne lange ein, auch ich nicht. Da kann ich mir zum Beispiel Prozessinnovationen vorstellen.
Tourismus ist global Wachstumsbranche Nummer eins. Aber wie steht es dabei um Nachhaltigkeit?
Ich denke, das wird zu einer sehr grossen Herausforderung. Wir hatten unlängst an einem Tag mehrere Tausend Chinesen in Luzern – und das war nur ein Vorgeschmack. In Asien wird die Mittelschicht immer grösser, die Menschen wollen reisen, fliegen, konsumieren – genau wie wir. Wenn sich das so rasant weiterentwickelt, wird das System kollabieren. Wir sind nicht mehr so weit von jenem Zeitpunkt entfernt, wo die lokale Bevölkerung sagt: So geht das nicht.
Sie stellen ein verändertes Bewusstsein bei Millennials fest. Verzichten diese denn wirklich auf das Fliegen, wenn dieses so billig ist und bleibt?
Ich glaube, dass vor allem die Jungen begriffen haben, dass es so nicht weitergehen kann. Aber natürlich, so ambivalent sind wir Menschen, wollen auch sie reisen. Vielleicht hilft uns da die virtuelle Realität. Wenn ich mir eine VR-Brille aufsetze und mich nach Venedig oder etwa in das antike Athen versetze, dann kann ich mir das Reisen und Schlangestehen vor irgendwelchen Museen ersparen. Auch das könnte mithelfen, dass wir den ökologischen Fussabdruck verkleinern.
Wird Ihnen manchmal nicht schwindlig, wenn Sie an die rasend schnelle Entwicklung neuer Technologien denken?
Nein. Ich sehe vor allem die neuen Chancen. Wenn wir es schaffen, wie in der Natur auch in der Wirtschaft in Kreisläufen zu denken und die Produkte so zu produzieren und zu entsorgen, dass wir über Kreisläufe verfügen und keine Abfälle mehr verursachen, dann handeln wir zukunftsorientiert. Dann ist uns die nachhaltige Innovation gelungen.
Ist der Begriff Nachhaltigkeit mittlerweile nicht überstrapaziert?
Doch. Nachhaltig ist heute alles und jedes. Zudem ist der Begriff gerade hier in der Schweiz immer noch stark mit schlechtem Gewissen gekoppelt. Bei Globalance haben wir Nachhaltigkeit so definiert, indem wir von Zukunftsfähigkeit sprechen. Wir müssen vorwärts denken und gehen. Zurück können wir nicht mehr.