Nach rund zwei Jahren intensiver Abklärungen wurde das Projekt Tourismuszirkel Oberwallis verworfen. Das Ziel, eine touristische Dachorganisation im Oberwallis zu gründen, welche eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Tourismusorganisationen und Gemeinden vorsah, scheiterte nach Ausarbeitung des Detailkonzeptes durch das Wirtschaftszentrum Oberwallis (RWO AG).
Christine Mühlemann, Projektleiterin bei der RWO AG, nennt als Hauptgründe das Fehlen einer Erfolgsgarantie sowie weniger Autonomie der einzelnen Gemeinden und Organisationen. Schlussendlich seien sechs der 17 Gemeinden vom Projekt abgesprungen. Auf eine Weiterverfolgung des Projekts «Tourismuszirkel Oberwallis» wird somit bis auf weiteres verzichtet.
Andrea Bärwalde von der kantonalen Vermarktungsorganisation Valais/Wallis Promotion bedauert den Entscheid: «Es ist eine Tatsache, dass der Walliser Tourismus nach wie vor vergleichsweise kleinteilig organisiert ist. Kleine Strukturen werden in dynamischen und im internationalen Wettbewerb stehenden Branchen wie dem Tourismus bezüglich Ressourcen und Aufgaben zunehmend an ihre Grenzen stossen. Kooperationen ausserhalb der eigenen Destinationen zu prüfen und zu fördern, erachten wir daher als äusserst wichtig», teilt die Kommunikationsverantwortliche auf Anfrage mit.
Grobkonzept stiess noch auf Zustimmung
Das Projekt klang erfolgsversprechend: Vor rund zwei Jahren wurde das Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis (RWO) damit beauftragt, ein Grobkonzept für eine destinationsübergreifende Tourismusorganisation im Rhonetal zwischen Brig und Leuk auszuarbeiten. Das Ziel war, dass die vielen kleinen Tourismusorganisationen im Oberwallis Synergien nutzen und der Tourismus in der Region zukunfts- und konkurrenzfähig gestaltet werden kann.
In einer ersten Projektphase ging es darum, die Voraussetzungen und das Potenzial für eine engere Zusammenarbeit zu klären und mögliche Kooperationsmodelle zu entwerfen. In der Steuerungsgruppe waren sowohl alle beteiligten Tourismusorganisationen wie auch Valais/Wallis Promotion vertreten, die kantonsübergreifende Tourismus-Vermarktungsorganisation.
Im Sommer 2017 präsentierten die Projektleiterinnen Christina Mühlemann und Esther Schlumpf die ersten Ergebnisse. In der Tourismusregion sei ein grosses Potenzial für Erlebnisse und Angebote vorhanden, welches aktuell vor allem aufgrund des zersplitterten Ressourceneinsatzes und einer Vielzahl an Entscheidungsgremien nicht vollständig ausgeschöpft werden kann, hiess es damals. Die Tourismusorganisationen sähen aber das Potenzial, die Ressourcen durch eine engere Zusammenarbeit gezielter einzusetzen. Damit sollten die Arbeit professionalisiert, neue Aufgabenfelder wie beispielsweise die Entwicklung neuer Produkte und die Sichtbarkeit der Erlebnisse erhöht werden.
Gescheitert ist es schlussendlich am Detailkonzept. Anscheinend waren zwar fast ausnahmslos alle Tourismusorganisationen für das Projekt, doch einzelne Gemeinden waren sich nicht in allen Punkten einig. Die Kooperation sah vor, die Ressourcen in Form einer Aktiengesellschaft zu bündeln und gezielt für die Positionierung und Vermarktung vom Oberwallis einzusetzen. Eine weitere Zusammenarbeit war in den Bereichen der Kurtaxen und des Rechnungswesens geplant, was die administrativen Arbeiten hätte entlasten sollen. So sollte mehr Zeit für die Kernaufgaben bleiben.
«Lötschberg Region» ergriff Eigeninitiative
Parallel zum Projekt «Tourismuszirkel Oberwallis» haben sich in dieser Region die sechs Gemeinden Ausserberg, Baltschieder, Eggerberg, Niedergesteln, Raron und Steg-Hohtenn zur Kooperation «Lötschberg Region» zusammengeschlossen. Der neugegründete Verein nahm offiziell per 1. Januar 2019 seine Arbeit auf.
Nadine Lory, Geschäftsführerin des Vereins «Lötschberg Region», sieht die Neugründung nicht als direkte Konkurrenz des «Tourismuszirkels Oberwallis». «Zuerst haben wir mit der Gründung des Vereins noch abwarten wollen. Schlussendlich haben wir uns aber trotzdem für diesen Schritt entschieden, eine erste Kooperation im kleineren Rahmen zu gründen, sozusagen als Vorarbeit», so Nadine Lory auf Anfrage. Eine Kooperation habe sich deshalb aufgedrängt, weil die Gemeinden der «Lötschberg Region» sehr viel verbinde, fügt sie hinzu. So teilten sie zum Beispiel den gemeinsamen Fokus auf den Sommertourismus und den beliebten Kulturweg, welcher durch verschiedene Gemeinden verläuft.
Falls sich alle Gemeinden im Oberwallis für eine gesamtheitliche Organisation hätten einigen können, wären die Gemeinden der «Lötschberg Region» dem Tourismuszirkel nicht abgeneigt gewesen, hält Nadine Lory fest. Wenn jedoch nicht alle Gemeinden mitmachen, vorallem auch die grösseren, sei eine Realisierung schwierig. Denn vor allem für die kleineren Destinationen seien solche Kooperationen sehr wichtig, ist auch sie überzeugt.