Seit der Lancierung vor anderthalb Jahren wurde es etwas still um Tweebie. Die destinationsübergreifende Kommunikationsplattform – laut Angaben der Zermatter Entwicklerin iPeak Infosystems die erste weltweit – trat mit dem grossen Versprechen an, die Beziehungen zwischen dem Gast, der Destination und den Leistungsträgern zu revolutionieren. Konkret will die Plattform den Leistungserbringern in den Tourismusregionen ermöglichen, direkt mit ihren Gästen zu kommunizieren und mithilfe eines smarten Algorithmus deren Bedürfnisse personalisiert und zeitnah abzudecken. Bis jetzt ist das noch weitgehend Theorie geblieben. Allerdings steht nun ein wichtiger Entwicklungsschritt bevor: Auf kommende Wintersaison sollen neue Funktionen aufgeschaltet werden. Das Einverständnis der User vorausgesetzt, werden alsbald ihre Profil- und Bewegungsdaten analysiert. Für Patrick Lauber, COO bei iPeak Infosystems, ist die Einführung der «Analytics» der nächste Schritt für Destinationen und Hotels, ihre Gäste besser kennenzulernen. Im Verlauf des kommenden Jahres sollen so kundenspezifische Produktempfehlungen realisiert werden.
Das Oberengadin in den Startlöchern
Tweebie ist über eine App verfügbar, kann aber auch als Anwendung an interaktiven Infopoints in Hotels oder Tourismusbüros eingesetzt werden. Seit April 2017 war der Dienst für eine Handvoll Destinationen verfügbar, darunter Pontresina, Grindelwald, Ascona sowie Leistungsträger aus Zermatt. Unterdessen sind weitere dazugekommen. Laut Lauber werden in naher Zukunft rund 20 weitere Destinationen aufgeschaltet. Eine Partnerdestination wird Engadin St. Moritz sein. Offiziell kommuniziert wurde dies noch nicht, laut den Verantwortlichen steht die Einführung jedoch noch auf diesen Winter bevor. Dies würde dem Wunsch derjenigen Hotels in Prontresina entsprechen, die Tweebie schon jetzt zur Kundeninformation einsetzen. Denn wenn immer mehr Leistungsträger in der gesamten Destination via Tweebie über Angebote informieren, steigt damit auch der Nutzen für die Gäste, was wiederum die Bekanntheit und Verbreitung der App fördert.
Positives Feedback trotz zaghafter App-Nutzung
Die Erfahrungen der Hoteliers mit dem Dienst sind weitgehend positiv. «Wir haben uns von Anfang an entschieden, mitzumachen, um möglichst einfach und attraktiv die wichtigsten Infos an den Gast zu bringen», erinnert sich Direktionsassistentin Caroline Friedli vom Hotel Walther zurück. Im Eingangsbereich des Hotels befindet sich seither ein digitaler Infopoint mit Touchscreen. Dieser werde von den Gästen rege genutzt. Auch Regina Amberger, Direktorin des Hotel Allegra, bestätigt den Nutzen der Infostelle. «Unsere Erfahrungen sind sehr positiv. Der Bildschirm ist einfach zugänglich.» Die Gäste nutzten den Service in erster Linie zum Abrufen von Wetterprognosen, aber auch für Infos zu Veranstaltungen oder im Winter zur Auskunft über Pistenöffnungszeiten.
Allerdings: Bisher beschränkt sich die Information der Gäste weitgehend auf die Interaktion mit den stationären Touchscreens. «Die Nutzung der App ist gleich null», so Friedli. «Es ist relativ schwierig, die Leute dazu zu bewegen, eine neue App auf ihren Geräten zu installieren. Viele Gäste sehen darin keinen Nutzen und haben keine Lust, da sie schon viele Apps haben.» Ähnlich die Einschätzung von Thierry Geiger, Präsident der Pontresiner Hoteliers und bis Sommer 2018 Direktor des 4-Sterne-Superior-Hauses Saratz: «Die App ist gut, aber noch nicht ganz beim Kunden angekommen», so sein Résumé. Die Partnerschaft mit Tweebie bereue er dennoch nicht. «Ich würde es wieder tun.» Für die Zukunft glaubt Geiger an das Potenzial von Tweebie – als digitale Plattform in den Infostellen vor Ort und als App. Er hoffe darauf, dass die gesamte Destination den Dienst flächendeckend einführt, damit zum Beispiel Events besser an die Gäste kommuniziert werden können.
Praktische Lösung für Gäste ohne mobiles Internet
Auch in den Hotels Walther und Allegra ist man in Sachen Tweebie zuversichtlich. «Für uns stimmt es», sagt Caroline Friedli. Regina Amberger will dem Dienst die Chance geben, sich auch als App weiterzuentwickeln und in Zukunft einen grösseren Nutzerkreis zu erschliessen. Für sie biete Tweebie zudem noch weitere Vorteile: «Der Dienst löst die Papierflut ab und ist für Gäste ohne mobilen Internetzugang eine praktische Offline-Lösung», so Amberger in Anspielung auf die Möglichkeit, sich im Hotel Infos vom Infopoint auf die Smartphone-App zu überspielen.
Von der Lösung überzeugt ist auch Pontresina Tourismus. Die Initiative, Tweebie in der Gemeinde zu etablieren, geht auf den abtretenden Tourismusdirektor Jan Steiner zurück. Wegen Ferienabwesenheit war er nicht persönlich zu sprechen. Laut der Marketingverantwortlichen Selina Grass sollen im Winter mit verschiedenen Marketingaktivitäten, etwa einem Steller mit aufgedruckten QR-Codes, die Gäste dazu animiert werden, sich die App auf ihre Geräte herunterzuladen und zu nutzen.
Tweebie - Tipps vom schlauen Algorithmus
«Tweebie ist ein Begleiter für die Ferienzeit», erklärt Patrick Lauber, COO beim Marketingunternehmen iPeak Infosystems. Der digitale Dienst soll mit der Zeit seine App-Nutzer kennen lernen und ihnen passende Informationen aus der Destination anzeigen. «Alles aus einer Hand für den Gast», verspricht Lauber. Ab diesem Winter analysiert Tweebie dazu das Verhalten der Nutzer mithilfe eines selbstlernenden Algorithmus, der in den Nutzerdaten (Profileingaben, Bewegungsdaten) Muster erkennt und Rückschlüsse auf zukünftiges Verhalten zieht. Ab der Wintersaison 2019/20 sollen dann Destinationen und Leistungsträger wie Hotels anhand der gewonnenen Erkenntnisse kundenspezifische Produktempfehlungen abgeben können.
Entwickelt wurde der Algorithmus an der Hochschule Luzern. Um Zusammenhänge im Nutzerverhalten möglichst zutreffend aufzuspüren, ist die künstliche Intelligenz auf eine grosse Menge Daten angewiesen. «Je mehr Daten desto besser», so der Co-Projektleiter, Professor Andreas Liebrich. Man habe den Algorithmus jedoch von Anfang an mit einigen Standardeinstellungen ausgestattet. «Es gibt einfache, klare Muster», so Liebrich, die sich aus einer Eingangsuntersuchung der Kundenbedürfnisse ergeben haben. So unterschieden sich die Bedürfnisse von Stammgästen von denjenigen der Erstgäste. Lerneffekte, die über solch grundsätzliche Einsichten hinausgehen, seien zum Teil schon mit wenigen Daten realisierbar. Beispielsweise bei der Restaurantsuche: Standardmässig listet Tweebie jene Restaurants zuoberst, die sich näher bei der Unterkunft des Gastes befinden. Erkennt der Algorithmus jedoch, dass der Gast vor dem Essen gerne durch den Ort schlendert und Restaurants am anderen Dorfende aufsucht, gewichte er die Vorschläge beim nächsten Mal neu.
Finanziert wird Tweebie über die Premiumnutzung: Leistungsträger können grundlegende Inhalte zwar kostenlos anzeigen lassen, können diese allerdings nicht aktiv pushen und erhalten auch kein Feedback über das Nutzerverhalten. Diese erweiterten Funktionen sowie die Eingabe weiterführender Inhalte sind Abonnenten vorbehalten. Die Kosten vergleicht Patrick Lauber mit denen eines Mobile-Abos.pt