Die Lancierung des Delivery-Service stand bei der Tavolago AG bereits vor der Corona-Pandemie auf der Agenda. Das Luzerner Gastrounternehmen gehört zur Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV). Neben der nautischen Gastronomie betreibt Tavolago acht Restaurants, zwei Hotels und ist im Event- und Cateringbereich tätig. «Wir haben uns schon einige Zeit mit dem Gedanken befasst, ins Home-Delivery-Geschäft einzusteigen. In grossen Metropolen wie New York, Berlin oder London ist dieses Modell längst ein Business», sagt Gianni Schüpbach, Leiter Corporate Services von Tavolago. Ob dafür auch in der Zentralschweiz ein Markt besteht, evaluierte Tavolago mittels einer durch die Hochschule Luzern erarbeiteten Studie. Diese kam unter anderem zu der Erkenntnis, dass der Home-Delivery-Markt stark wachsen wird, sowohl global als auch in der Schweiz.

Mit einem jährlichen Wachstum von 12,5 Prozent dürfte es hierzulande das am stärksten wachsende Segment in der Gastronomie sein. Die Studie förderte auch zutage, dass Nachfrage nach Schweizer und mediterraner Küche auf qualitativ hohem Niveau besteht. Auf der Angebotsseite dominieren jedoch Fast oder Asia Food. Zudem zeigte sich, dass sich Spitzenzeiten auf das Wochenende konzentrieren. All diese Punkte haben Tavolago dazu bewogen, auf eine sogenannte Ghost Kitchen zu setzen, sprich eine Küche, in der nur produziert wird. Dadurch können sich die einzelnen Restaurants auf ihr Daily-Business fokussieren.

Ursprünglich war der Start des Delivery-Services namens Luzis bereits für den Frühling geplant. Was das Projekt damals verhinderte, gibt ihm nun nochmals Aufschub: Corona. Ist doch das Delivery-Geschäft ein möglicher Geschäftszweig, um die durch Corona verursachten Gewinneinbussen etwas abzufedern.

Möglichst tiefe Fixkosten und geringes Risiko
Hinter dem neuen Gastronomiekonzept stehen ein Projektteam der Tavolago AG sowie die Luzerner Agentur Clou. In der Entwicklungsphase testete das Küchenteam um Küchenchef Kevin Svalduz rund 50 verschiedene Gerichte mit diversen Take-away-Gefässen. Das Rennen gemacht haben schlussendlich nachhaltige Take-away-Boxen aus kompostierbarer Bagasse – ein Naturmaterial, das bei der Zuckerproduktion anfällt.

Bei der Wahl der Gerichte ging es darum, Klassiker und Lieblingsgerichte aus den sieben Restaurants anzubieten. «Wir hatten ursprünglich mit 50 Gerichten gerechnet. Nach dem Probekochen und den Testläufen stellten wir fest, dass sich längst nicht alle Gerichte fürs Delivery eignen», sagt Schüpbach. So beschloss das Projektteam, das Angebot zugunsten der Qualität zu kürzen. Nun sind rund 20 Hauptgänge, die sich fast beliebig mit Beilagen kombinieren lassen, im Angebot. Zudem gibt es eine Auswahl an Salaten und Suppen sowie die beliebten Apéro-Plättli.

Im Tagesgeschäft stehen aktuell zwei Köche fürs «Luzis» im Einsatz. Sie werden im administrativen Bereich punktuell von einem weiteren Teammitglied unterstützt. Zu Spitzenzeiten können, falls notwendig, Mitarbeitende aus anderen Bereichen unterstützen. Die Lieferung der Gerichte läuft via Uber Eats und Smood. «Dank Outsourcing des Vertriebs können wir die Fixkosten eher tief halten, und das Risiko bleibt für uns überschaubar», erklärt Schüpbach.

Vorerst sieht Tavolago den Delivery-Umsatz aus dem «Luzis» als willkommenen Sidekick. Mittelfristig rechnet das Unternehmen mit einem mittleren sechsstelligen Jahresumsatz.

Tavolago musste Ende August aufgrund der Corona-Krise zwei Dutzend Mitarbeitende entlassen und vermeldete für 2020 einen Umsatzrückgang von 60 Prozent sowie einen Verlust von mehreren Millionen Franken.

luzis.ch


Nachgefragt

Mirjam Hauser, Senior Research Manager, GIM Suisse AG

Wir sind mitten in der zweiten Welle. Tun Gastronomen gut daran, langfristig auf Home-Delivery zu setzen?

Die Pandemie hat gezeigt, dass Homeoffice funktioniert. Dies wird Einfluss auf die Arbeitswelt haben. Es ist davon auszugehen, dass viele auch nach der Pandemie teilweise im Homeoffice arbeiten werden. Was Auswirkungen für Restaurants haben wird, die stark auf den Mittagsservice ausgerichtet sind. [IMG 2]

Das Luzerner Gastrounternehmen Tavolago setzt zusätzlich auf Home-Delivery. Ist eine solche Diversifizierung ein Zukunftsmodell?

Dies muss man von Fall zu Fall betrachten. Zudem ist das Luzis nochmals ein Konzept im Konzept. Es macht nicht für jedes A-la-carte-Restaurant Sinn, auch auszuliefern. Wo ich jedoch viel Potenzial sehe, ist in Kooperationen. Es geht darum, Synergien zu nutzen und Innovationen anders zu denken. So könnten Küchen beispielsweise gemeinsam genutzt werden.

Wann wäre es sinnvoller, auf ein reines Home-Delivery-Angebot zu setzen?

Hier muss sich ein Gastronom überlegen, ob er sich mit der Idee einer Ghost Kitchen überhaupt anfreunden kann. Dies ist ein komplett anderes Konzept als ein Restaurant. Zudem wird nach Corona – trotz veränderten Lebens- und Arbeitswelten – das Bedürfnis nach Restaurants immer noch vorhanden sein.

Wird Home-Delivery die Gastroszene verändern?

Grundsätzlich ja. Vor allem auch die Gemeinschaftsgastronomie wird damit konfrontiert sein, wie sie auf die veränderten Bedürfnisse eingehen kann.

Bernadette Bissig