Mike Wehrle, das Chefs United im Bürgenstock Hotel hat auch dieses Jahr wieder Top-Köche in einer gastronomischen Show zusammengebracht. Wie wählen Sie ein Gericht für einen solchen Anlass aus?
Für ein Event wie Chefs United im Bürgenstock Hotel gebe ich den Gastköchinnen und Gastköchen volle kreative Freiheit bei der Auswahl ihrer Gerichte. Das Prinzip lautet: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Sollte es Überschneidungen bei den Hauptprodukten geben, bitte ich die zweite Gastköchin oder den zweiten Gastkoch, ein anderes Produkt zu wählen. Am Ende stimme ich meine eigenen Gerichte auf das Gesamtangebot der anderen Köchinnen und Köche ab, sodass ein harmonisches Menü entsteht.

Welche Herausforderungen liegen in so einem Auftritt ausserhalb der Küche?
Eine der grössten Herausforderungen ist, dass alles rechtzeitig aufgebaut ist und einwandfrei funktioniert. Es ist wichtig, dass alle Partner zur richtigen Zeit vor Ort sind, die Geräte zuverlässig arbeiten und natürlich, dass alle Personen auch dann bereitstehen, wenn man sie auf der Bühne braucht!

Für die Köchinnen und Köche ist es natürlich auch nicht einfach, ausserhalb ihrer gewohnten Umgebung mit fremden Geräten und anderen Kolleginnen und Kollegen zu arbeiten. Aber ich unterstütze sie, wo ich kann, und es gelingt eigentlich immer, da wir es gewohnt sind, flexibel zu sein und auf etwaige Umstände zu reagieren. Manche benötigen etwas mehr Hilfe, andere weniger oder gar keine. Das Wichtigste ist, dass wir als Team zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen, damit alles reibungslos läuft. 

Mit sieben Restaurants ist das kulinarische Angebot des Bürgenstock Resorts auch sonst schon sehr vielfältig. Welche Rolle spielt der Event fürs Hotel im Jahreslauf?
Der Event ist ein absolutes Highlight im Jahr. Gemeinsam mit unseren Küchenchefs kreieren wir das Beste aus den Seven Kitchens. Dabei lassen wir natürlich unsere Gastköchinnen und -köche im Rampenlicht stehen. Sie bereichern unser kulinarisches Angebot mit ihren einzigartigen Kreationen und bringen ein völlig neues Geschmacksprofil in unsere Bürgenstock-Küchen ein. Gleichzeitig lernen wir immer wieder neue Techniken und Produkte kennen, die sie verwenden, was für uns alle eine grossartige Inspiration ist. Und vor allem: Dem Team bereitet es unglaublich viel Freude!

Bekannt sind Sie unter anderem für die Vitality Cuisine. War gesunde Kost am Chefs United ebenfalls ein Thema?
Die gesunde Kost spielte auch beim Chefs United eine bedeutende Rolle, und viele der präsentierten Gerichte zeichneten sich durch hochwertige und gesunde Zutaten aus. Heutzutage kochen viele Köchinnen und Köche bewusst leichter und gesünder, was sich auch in den Kreationen der Veranstaltung widerspiegelte. In diesem Kontext habe ich mit meinen Bites & Bits drei Gerichte serviert, die ebenfalls eher auf der leichteren Seite waren: ein persisches Auberginen-Tartlette, Blauflossen-Thunfisch-Nigiri und die Kombination aus Auster und Chorizo. Die Vielfalt an Techniken und Produkten sowie die Betonung gesunder Zutaten machten den Event nicht nur für die Gäste, sondern auch für uns Köchinnen und Köche zu einem inspirierenden Erlebnis.

Heutzutage kochen viele Köchinnen und Köche bewusst leichter und gesünder.

Regionale Produkte sind für Sie ein grosses Thema …
Wir versuchen, wo immer möglich, lokale Produkte für diesen besonderen Anlass einzusetzen. Ein schönes Beispiel ist Alina Meissner-Bebrout, die den Brüggli-Saibling aus unserer Region für ihr Gericht verwendete. Die Eier für Philipp Heids Gericht stammen von der Frau unseres Greenkeepers, die seit langem eine feste Lieferantin für dieses Produkt ist. Matthew Marshall hat seine handgetauchten Orkney-Jakobsmuscheln mit dem Oona Caviar Osietra Carat aus der Schweiz perfekt abgerundet. Und natürlich hat Rolf Beeler Käse aus der Region beigesteuert, um die beeindruckende Vielfalt und Qualität unserer heimischen Käsekultur zu präsentieren. Für mich ist es wichtig, auch bei solchen Events zu zeigen, wie spannend und vielseitig regionale Produkte sein können. Sie verleihen den Gerichten nicht nur eine authentische Note, sondern fördern gleichzeitig die Wertschöpfung und Nachhaltigkeit in den jeweiligen Regionen. Das macht Chefs United nicht nur kulinarisch besonders, sondern auch wertvoll für die Verbindung zur Natur und den Produzentinnen und Produzenten.

Sie verwenden viele Produkte von hier am Berg – Trüffel stammen zum Beispiel aus Nidwalden. Wo stossen Sie in der Luxus-Gastronomie mit diesem Konzept an Grenzen?
Da wir relativ grosse Restaurants betreiben, kann es manchmal eine Herausforderung sein, die benötigten Mengen an regionalen Produkten über einen längeren Zeitraum hinweg in der gewünschten Qualität zu sichern. Besonders in der Luxus-Gastronomie, wo Exklusivität und höchste Standards im Vordergrund stehen, ist es entscheidend, dass die Produkte konstant unseren Ansprüchen gerecht werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit unseren Produzentinnen und Produzenten sowie kreative Ansätze, um die Verfügbarkeit sicherzustellen, ohne Kompromisse bei der Qualität einzugehen.

Welche Bedeutung haben für Sie Second Cuts? 
Im Oak Grill weichen wir gerne auf Second Cuts aus. Oftmals sind diese Schnitte, wie zum Beispiel von Holzen Fleisch, besser verfügbar, da die First Cuts bevorzugt verkauft werden. Dadurch können wir sicherstellen, dass wir auch die Mengen in der gewünschten Qualität erhalten. Es ist eine spannende Herausforderung, Second Cuts zu verarbeiten und daraus kreative Gerichte zu entwickeln. Mit unterschiedlichen Kochtechniken lassen sich aus diesen Schnitten aussergewöhnliche Kreationen zaubern. Zudem haben Second Cuts meist einen intensiveren Geschmack, was sie besonders interessant macht und unsere Gäste begeistert. Genau diese Vielseitigkeit macht die Arbeit mit diesen Schnitten so spannend.

In der Branche ist der Fachkräftemangel ein Problem-Dauerbrenner. Welche Philosophie haben Sie bezüglich Mitarbeitenden?
Meine Philosophie ist klar und einfach: Ich behandle meine Mitarbeitenden so, wie ich selbst gerne behandelt werden möchte. Mit einem Team von über 150 Mitarbeitenden ist es mir besonders wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse jeder und jedes Einzelnen einzugehen. Es sollte selbstverständlich sein, dass ein spezieller Wunsch für einen freien Tag erfüllt werden kann. Ebenso halte ich es für essenziell, dass Mitarbeitende, die vier Wochen in ihr Heimatland reisen möchten, diese Möglichkeit erhalten. Solche Flexibilität und Wertschätzung gegenüber den Bedürfnissen meiner Mitarbeitenden sind nicht nur entscheidend für ihre Zufriedenheit, sondern tragen auch wesentlich zur langfristigen Bindung an unser Team bei. Angesichts des Fachkräftemangels in der Branche sehe ich diese Philosophie als grundlegenden Bestandteil einer nachhaltigen und mitarbeiterorientierten Personalführung.

Ich behandle meine Mitarbeitenden so, wie ich selbst gerne behandelt werden möchte.

Wie suchen und finden Sie Ihre Leute?
Wir versuchen, stets präsent in der Öffentlichkeit zu sein, damit die Menschen sehen können, was wir machen und wofür wir stehen. Das geschieht zum Beispiel über Instagram, durch Kochworkshops in Schulen oder durch unsere Teilnahme an Veranstaltungen wie dem Excellence Gourmetfestival. Wenn wir Besuch von Kolleginnen und Kollegen im Hotel bekommen, nehmen wir uns bewusst Zeit, um ihnen unseren Betrieb vorzustellen und unsere Arbeitsweise zu zeigen.

Oft tragen auch unsere eigenen Mitarbeitenden dazu bei, indem sie Kolleginnen und Kollegen aus ihrem Netzwerk zu uns ins Hotel bringen und uns weiterempfehlen. Zusätzlich nutze ich auch mein persönliches Netzwerk, das ich mir über die Jahre aufgebaut habe und regelmässig pflege. Dieses Netzwerk ist eine wertvolle Ressource, um talentierte und motivierte Menschen für unser Team zu gewinnen. Mit einer so grossen Brigade sind wir immer auf der Suche nach neuen Talenten, und diese Kombination aus persönlichem Kontakt, öffentlichen Auftritten, Empfehlungen und meinem Netzwerk hilft uns dabei, die richtigen Leute zu finden.

[GALLERY 1]

Chef Wehrle und seine Freunde
Das «Chefs United – Chef Wehrle & Friends» brachte am 7. Dezember zum fünften Mal Spitzenköche im Bürgenstock Resort Lake Lucerne zusammen. In der gastronomischen Show konnten Gäste an Stationen Gerichte der namhaften Chefs probieren und ihnen auch das eine oder andere Geheimnis entlocken.

Aussergewöhnliche Kreationen präsentierten nebst Mike Wehrle himself diesmal: Alina Meissner-Bebrout vom Restaurant Bibraud in Ulm, ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern und «Young Chef Award» – mit 33 Jahren eine der jüngsten Trägerinnen eines Sterns. Emmanuel Renaut vom Restaurant Flocons de Sel, das mit 3 Michelin-Sternen ausgezeichnet ist und die Gault Millau d'Or Trophäe für die Region Auvergne Rhône-Alpes im Jahr 2019 erhalten hat. Philipp Heid, Küchendirektor im Hotel Maier & Seegut Zeppelin in Friedrichshafen, ebenfalls mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, als er im Parkhotel Vitznau arbeitete. Christian Scharrer vom Weissenhaus an der Ostsee, der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Matthew Marshall vom Royal Automobile Club London. Im Rahmen des Royal Automobile Clubs, dessen Schirmherr König Charles ist, hat er bereits für die Queen gekocht.

Von den Köchen der Bürgenstock Collection waren ausserdem dabei: Andreas Haseloh, Hotel Schweizerhof Bern & Spa, und Ludovic Douteau, Royal Savoy Hotel & Spa Lausanne, sowie Damián Carini, Gault Millau Pâtissier des Jahres 2024.