Dass Angestellte im Gastgewerbe selten Spitzenverdiener sind, ist kein Geheimnis. Gerade in Zeiten von Kurzarbeit hat das Thema Lohn aber akut an Bedeutung gewonnen: Wer auf einmal mit nur 80 Prozent des eh schon tiefen Gehalts und dazu noch mit weniger Trinkgeld auskommen muss, kommt finanziell rasch an seine Grenzen. Aus der Branche ist zu hören, das habe den Fachkräftemangel deutlich verschärft.
Ein Mittel, um dem entgegenzuwirken und die Gesamtvergütung der Angestellten zu verbessern, sind Lohnnebenleistungen – auf Neudeutsch: Fringe Benefits. Dazu gehören etwa vergünstigte Personalwohnungen, Gratisessen im Betrieb oder Rabatte bei Lieferanten und Kooperationspartnern.
Kleine Betriebe finden: Zu kompliziert, zu teuer
Doch gerade kleine Betriebe schrecken oft davor zurück, Fringe Benefits anzubieten. Sie halten diese für zu kompliziert oder zu teuer, wie eine Analyse zum Thema Fachkräfte zeigt, die das Büro Ecoplan 2018 im Auftrag von HotellerieSuisse erstellt hat.
Die Autoren kommen darin zum Schluss: «Um das Potenzial von Fringe Benefits auszuschöpfen, sind sowohl der Verband als auch die einzelnen Betriebe gefordert.» Die Betriebe sollten vor allem an ihrer Kommunikation arbeiten. Denn viele bekundeten Mühe, die gebotenen Leistungen und deren Vorzüge den Angestellten gegenüber richtig zu verkaufen. Derweil solle HotellerieSuisse beim Entwickeln und Einsetzen von Fringe Benefits helfen, so der Report.
Nun hat der Verband gleich zwei Fringe-Benefits-Programme lanciert.
Mehr Geld auf dem Konto der Angestellten
Erstens hat HotellerieSuisse die Fringe-Benefits-Plattform Swibeco als Premium Partner gewonnen. Das Unternehmen aus Lausanne übernimmt für seine Kunden etwa das Verhandeln und Pflegen von Vergünstigungen. Weil es das für zig Kunden macht, schlägt es dabei in der Regel bessere Konditionen heraus als ein einzelnes KMU.
Die Plattform ist eine White-Label-Lösung, und die Kunden können sie mit dem eigenen Logo und eigenen Bildern versehen. Zudem: Wenn eine Hotelière oder ein Hotelier bereits selber Vergünstigungen ausgehandelt hat, zum Beispiel die Angestellten beim Weinlieferanten oder im befreundeten Restaurant vis-à-vis 10 Prozent Rabatt geniessen, können diese auf der Plattform integriert werden.
Aktuell bietet Swibeco Vergünstigungen bei rund 150 Partnerunternehmen – darunter Migros, Coop, Zalando und Galaxus. Die gewährten Rabatte reichen je nach Anbieter von 5 bis 35 Prozent. Diese sind steuer- und sozialabgabenfrei.
Der Arbeitgeber bezahlt pro registrierte Person eine Nutzungsgebühr. Wie hoch diese ist, hängt von der Zahl der Angestellten und der gewählten Vertragsdauer ab. Laut Swibeco kann ein KMU mit jährlichen Gebühren pro Person von ungefähr 100 Franken rechnen. Die Plattform steht allen offen, HotellerieSuisse-Mitglieder erhalten aber 25 Prozent Rabatt auf die Gebühren.
Das kann zu wertvoller Mund-Propaganda verhelfen
Zweitens hat der Hotelverband auf Anregung der Association Romande des Hôteliers die «Staff-Deals» initiiert. Das Konzept: Hotels lassen die Angestellten anderer Hotels vergünstigt bei sich übernachten.
Das Interesse daran ist gross: Schon vor der offiziellen Lancierung am Mittwoch haben sich laut HotellerieSuisse über 160 Betriebe gemeldet. Einer davon ist das Hotel Europe in Zermatt. Dessen Direktorin Corinne Julen hat in der Vergangenheit selber vergleichbare Aktionen durchgeführt und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.
«Hotelangestellte sind interessante Gäste, weil sie dann frei haben, wenn in der Hotellerie nicht viel los ist.»
Corinne Julen
Direktorin Hotel Europe, Zermatt
Gemäss Julen profitieren nicht nur die Angestellten. Auch für das Hotel sieht sie Vorteile. Beispielsweise seien Hotelangestellte interessante Gäste, weil sie dann frei haben, wenn in der Hotellerie nicht viel los ist – in der Nebensaison oder unter der Woche. Und weil sie in der Regel ihre Arbeitspläne kurzfristig erhalten, buchen sie kurzfristig. Zudem könnten sie zu wertvoller Mund-Propaganda verhelfen, «wenn zum Beispiel einer meiner Gäste nach Zürich weiterreist und bei uns am Empfang nach einem guten Hotel dort fragt». [DOSSIER]
Der Ablauf von Staff-Deals ist simpel: Der interessierte Betrieb meldet sich beim Verband und wird auf der Website aufgeschaltet. Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bei ihm übernachten möchte, wird er per Mail kontaktiert. Um Missbrauch zu verhindern, müssen die Angestellten für ihre Anfrage die geschäftliche Mailadresse verwendet und die HR-Verantwortlichen oder jemanden aus der Direktion ins CC nehmen. Der gewährte Rabatt beträgt 50 Prozent. Das kontaktierte Hotel kann die Anfrage allerdings auch ablehnen.
Im Sommer will HotellerieSuisse mit den Betrieben ein erstes Fazit ziehen und allfällige Nachbesserungen vornehmen.