Bis im Sommer 2024 will die Stiftung Scaletta S-chanf im Rahmen einer Public-Private-Partnerschaft das seit acht Jahren unbenutzte, historische und traditionsreiche Hotel Scaletta im Dorfkern von S-chanf umfassend sanieren und zu neuem Leben erwecken.
Ziel des Projektes ist es, mit der Wiederbelebung des Hotels nicht nur einen neuen Treffpunkt mit Gastroangebot, Kunst und Kultur zu schaffen, sondern für das Dorf und die Region auch einen Arbeitgeber für 20 Personen und eine nachhaltige Wertschöpfung mit rund 16'000 Logiernächten pro Jahr hervorzubringen. Die Zusammenarbeit zwischen örtlichen und regionalen Leistungserbringern mit dem neuen Hotel soll dabei oberste Priorität haben.[IMG 2]
Die Gemeinde steht hinter dem Projekt
Nachdem die Gemeindeversammlung des Oberengadiner Dorfes Ende August 2020 bereits einem Initialbeitrag in Höhe von 300‘000 Franken zugestimmt hat, hiess die Stimmbevölkerung am vergangenen Mittwoch auch den A-fonds-perdu-Beitrag von 1,5 Millionen Franken mit einer klaren Mehrheit gut. Mit dieser Kapitaleinlage zur Sanierung des Hotels legte die Versammlung auch den entscheidenden Grundstein zur Wiederbelebung des S-chanfer Dorfkerns.
Der Entscheid der Gemeinde war zukunftsweisend. Nun kann die Stiftung die Beschaffung von weiteren Geldern für die umfassende Sanierung in Angriff zu nehmen. Die Fassade bröckelt, das Gebäude droht zur Bauruine zu verkommen. «Es ist traurig mitanzusehen, wie ein Haus mit solch einer Strahlkraft, einer 130-jährigen Hotelgeschichte und einer so wertvollen Bedeutung für das Dorf ungenutzt bleibt und langsam zerfällt», sagt Fredi Gmür, Präsident der Stiftung Scaletta S-chanf.
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Finanziell breit abgestützt
Die Investitionskosten für den Kauf der Liegenschaft und für die umfangreiche Sanierung belaufen sich auf insgesamt rund 16,85 Millionen Franken. Darunter fällt der Kauf des Gebäudes durch die Stiftung für 1,85 Millionen Franken, wie Fredi Gmür auf Anfrage erklärt. Der Umbau und die Sanierung wird sich auf 14,15 Millionen Franken belaufen. Die weiteren Auslagen gehen unter anderem an die Planung und die Erarbeitung des Vorprojekts.
Die Finanzierung sei breit abgestützt angelegt und soll neben dem gesprochenen A-fonds-perdu-Beitrag mit Fördergeldern und zinsvergünstigten Darlehen der öffentlichen Hand, Gönnerbeiträgen, zusätzlich zu generierendem Stiftungskapital sowie Fremdkapital der Bank erfolgen.
Kunst und Kultur für Einheimische und Gäste
Aus dem ursprünglich aus zwei Bauernhäusern aus dem 16. Jahrhundert bestehenden Hotel soll ein Boutique-Hotel im mittleren Preissegment mit 38 Zimmern und kleinem Wellnessbereich entstehen.[IMG 4]
Im ehemaligen Stall-Annex ist ein Restaurant für Einheimische und Gäste vorgesehen. Ebenfalls öffentlich werden Saal, Saletta und Terrasse für Veranstaltungen und Bankette sein. Die bestehende Gebäudestruktur wird so angepasst, dass Hotel und Restaurant künftig barrierefrei zugänglich sind.
Im historischen Gebäude sollen auch Kunst und Kultur – wichtige Elemente des Engadins – Platz finden. Und dies in enger Zusammenarbeit mit regionalen Galerien und Künstlern, wie Fredi Gmür im Interview erklärt.
Nachgefragt bei Fredi Gmür, Präsident Stiftung Scaletta S-chanf
[IMG 5] Fredi Gmür, Sie haben mit Ihrem «Wiederbelebungsprojekt» des S-chanfer Dorfkerns und mit der Sanierung des Hotels die einheimische Bevölkerung überzeugt.
Wir haben intensiv und zielgerichtet informiert und diskutiert, was auch wichtig ist, um am Schluss die Antworten parat zu haben, die es braucht, um zu überzeugen. Alle Beteiligten erkennen den wunderbaren Wert, der das historische Gebäude hat, und der auch für das gesamte Dorf und die Region eine enorme Aufwertung bedeutet. Das Projekt ist wichtig und hat und gewisse Systemrelevanz, weshalb es vom Gemeindevorstand und der Bevölkerung getragen wird und die Gemeindeversammlung schlussendlich die Beiträge mit einer klaren Mehrheit beschlossen haben.
Auf welches Gästesegment wird sich das «Scaletta» ausrichten?
Wir wollen mit dem neuen Angebot primär den Individualgast, der sehr affin für ist für das Naturerlebnis im Engadin. Wir erwarten Kundschaft aus der Schweiz und dem benachbarten Ausland, die eine Affinität für Häuser haben, die in einer Symbiose von Historischem und Modernem stehen. Das wird auch das Konzept beim Umbau des Hotels sein. Wir beabsichtigen in einem modernen Betrieb Schützenswertes und Ursprüngliches wieder zum Funktionieren zu bringen.
Der Vollblut-Touristiker Fredi Gmür (62) wuchs in Amden (SG) auf und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in Betriebswirtschaft, Marketing und Tourismus. Danach wirkte er je sieben Jahre als Tourismusdirektor von Amden und Savognin. Von 1996 bis 2018 war er CEO und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizer Jugendherbergen. Er ist zweifacher Gewinner des Milestone Tourimuspreises und führt seit Oktober 2019 seine eigene Consulting-Firma. Gmür ist unter anderem Verwaltungsrat der Engadin St. Moritz Tourismus AG, Stiftungsrat bei Myclimate und initiierte im Mai 2020 die Stiftung Scaletta S-chanf, deren Stiftungsrat er präsidiert.
Wie wollen Sie das neue Hotel positionieren?
Es soll ein einmaliges Nischenprodukt sein, das auch in einer Konsequenz daherkommt. Es soll qualitativ hochstehend und sehr nachhaltig sein. Auch die Regionalität und die regionalen Produkte werden einen ganz wichtigen Bestandteil sein. In der Klassierung streben wir ein 3-Sterne-Superior-Angebot an.
Das Hotel soll zu einer bewohnbaren Galerie werden?
Ja, wir sind nun auch in Kontakt mit namhaften Galerien, damit moderne Kunst und auch solche aus der Region Platz erhalten. Wir wollen Kultur und Kunst erlebbar machen. Dabei planen wir keine feste Installation sondern Wechselausstellungen.
Sie haben eine Stiftung gegründet, um das Haus zu retten. Was steckt dahinter?
Der Hauptgrund, weshalb wir eine Stiftung gegründet haben, ist, dass das Projekt stiftungszweckentsprechend, langfristig und nachhaltig gesichert ist. Wir wollen einen Treffpunkt im Engadin für die Bevölkerung und die Gäste schaffen. Deshalb ist auch der Restaurationsteil, wo die Gastronomie nicht preismässig abgehoben sein soll, ein wichtiger Bestandteil, damit der Dorfplatz zu einer Begegnungsstätte wird zwischen Einheimischen und Gästen.
Wird die Stiftung das Haus auch betreiben?
Die Stiftung wird das Haus nicht selbst betreiben. Wir suchen einen Pächter oder eine Pächterin mit viel Affinität für ein solches Produkt, mit Qualitätsverständnis dafür. Zudem muss sich diese Person langfristig zu einem solchen Haus und dem Gesamtkonzept bekennen. Der Rektrutierung werden wir uns dann aber im nächsten Jahr annehmen.
Unlängst wurde das anfangs April eingreichte Baugesuch bewilligt. Wie sieht der Fahrplan bis zur Eröffnung aus?
Im kommenden Herbst wird die Detailplanung erfolgen und im Frühling 2022 wollen wir mit dem Rohbau starten. Im Jahr 2023 nehmen wir den gesamten Innenausbau in Angriff, damit das neue «Scaletta» voraussichtlich im Juni 2024 eröffnen kann. (htr/npa)