Bei den Reiselustigen stellt sich ein neues Bewusstsein ein. Der Ruf nach nachhaltigem Tourismus wird lauter. Dies betrifft insbesondere auch die Beherbergungsindustrie, wie aus einer Studie von Expedia hervorgeht: 65 Prozent der Befragten gaben 2022 an, sich bei der nächsten Reise für eine nachhaltige Unterkunft oder Transportmöglichkeit entscheiden zu wollen. Dies schlägt sich auch auf der Angebotsseite nieder, wie der Quartalsbericht von Expedia zeigt: Hotels, die sich öffentlich zu Nachhaltigkeitsmassnahmen verpflichteten, verzeichneten 2021 einen um zehn Prozentpunkte höheren Buchungszuwachs als solche, die sich nicht verpflichteten – bei gleichzeitig höheren durchschnittlichen Tagesraten und längerer Aufenthaltsdauer.
Zu den Konsumentinnen und Konsumenten und deren Forderung nach verstärkt nachhaltigem Tourismus gesellt sich auch die Politik: Die hiesige Tourismuspolitik enthält seit 2021 explizite Nachhaltigkeitsziele. Das Tourismusland Schweiz soll sich international als Nachhaltigkeitsleader positionieren. Doch welche Hebel bestehen? Die An- und Abreisen erzeugen den höchsten Anteil am CO₂-Abdruck des Tourismus. «Tourismus wird nie nachhaltig, wenn wir nicht ernsthaft versuchen, das Problem der Treibhausgasemissionen bei der touristischen Mobilität zu verringern», sagt Christian Laesser von der Universität St. Gallen. Heute reist hierzulande nur rund ein Drittel der Hotelgäste mit dem öffentlichen Verkehr an. [RELATED]
Breit abgedecktes Pilotprojekt für mehr Nachhaltigkeit
Laut Damian Constantin, Präsident der Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren (RDK), muss gehandelt werden: «Für die RDK als touristische Vertretung der Regionen in der Schweiz ist Nachhaltigkeit ein zentrales und strategisches Thema. Blosse Absichtserklärungen genügen nicht. Alle müssen einen konkreten Beitrag leisten.»
Auf Initiative der RDK arbeiten HotellerieSuisse, die Universität St. Gallen, die Alliance Swiss Pass und Schweiz Tourismus an einem Projekt, das sich der Mobilität von übernachtenden Gästen widmet. An- und Abreise mit dem ÖV sind bei jeder Hotelbuchung inklusive, so die Vision. Für Hotelgäste existieren auf lokaler und teils regionaler Ebene zwar bereits attraktive Angebote zur ÖV-Nutzung, eine nationale, integrierte Lösung für die Hin- und Rückreise gibt es noch nicht.
«Die Zeit ist reif für ein nationales Mobilitätsangebot», ist sich die Projektgruppe sicher. Mit der integrierten An- und Abreise in Hotelübernachtungen würden Einstiegshürden zur Nutzung des ÖV reduziert und Gästen der Aufenthalt in Schweizer Hotels erleichtert. «Das Projekt stärkt nicht nur die Swisstainable-Initiative, sondern verhilft der touristischen Schweiz zu einem weltweiten Alleinstellungsmerkmal und damit zu internationaler Aufmerksamkeit», sagt Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus.
In welcher Form die Vision umgesetzt und getestet wird, ist zurzeit noch unklar. In einem ersten Schritt werden nun die verschiedenen ausgearbeiteten Varianten den Hoteliers zugeführt, mit dem Ziel einer angebotsseitigen Einschätzung des Vorhabens und der verschiedenen Ausprägungen sowie der Teilnahmebereitschaft. Basierend auf den gesammelten Erkenntnissen soll im Anschluss ein Pilot in einem abgesteckten Rahmen durchgeführt werden.
Trotz Optimismus der Projektgruppe bleibt die Herausforderung, dass die Idee nur funktioniert, wenn die integrierte An- und Abreise möglichst flächendeckend angeboten und international breit kommuniziert werden kann. Gemäss den Initianten bietet das Projekt eine grosse Chance für die touristische Schweiz. Es brauche aber den gemeinsamen Willen von Hotellerie und öffentlichem Verkehr, um Grosses zu schaffen.
Ihre Meinung zählt!
Eine breit angelegte Umfrage soll die Einstellung und die Teilnahmebereitschaft der Hotellerie in Bezug auf eine integrierte An- und Abreise mit dem ÖV in der Hotelbuchung abfragen. Die Rückmeldungen beeinflussen massgeblich, welche Angebote in der Pilotphase auf den Markt kommen werden. Die Einladung zur Umfrage durch HotellerieSuisse folgt am 8. Juni.