Ein einfaches Erbe hat Thorsten Fink in Saas-Fee nicht angetreten. Die letzten Jahre des heutigen «Walliserhof» waren mehr als schwierig. Nach dem Rückzug der Familie Anthamatten aus der operativen Leitung des «Ferienart» folgte die Nachlassstundung und aus dieser heraus schliesslich der Verkauf. Der neue Besitzer, die ABC Décorations SA, hat nun investiert, und das mehr als ursprünglich geplant – aus den angedachten 12 Millionen Franken wurden 19 Millionen. Das 5-Sterne-Haus erstrahlt seit Mitte Dezember im Innenbereich in neuem Glanz. Dank der professionellen Handschrift des renommierten Schweizer Designers Claudio Carbone kommt das Hotel, auch wenn einiges geblieben ist, wie es war, aus einem Guss daher, der im öffentlichen Bereich bislang eher eng anmutende Bau hat viel Licht und Weite erfahren, die bestimmenden Materialien Holz, Stein und Weiss als Farbe verschmelzen mit dem äusseren Chaletstil zu einem stimmigen Gesamtbild (siehe Zweittext). Doch nicht alles, was man sich für den 5-Sterne-Auftritt gewünscht hätte, konnte realisiert werden. Denn gut die Hälfte der Investitionen floss in die Technik.
Welche Zimmerrate der Walliserhof anstrebt:
Öffnungszeit: 11 Monate
Zimmer: 76, davon Suiten: 11
3 Restaurants: Sitzplätze ca. 250
Spa/Wellness: 2500 m2
HP-Preis: 75 Fr. für 4-Gang-Menü
Mitarbeitende: 80; Ziel 40 unbefristet; Sommer: 50 % der Kosten
Ziel ADR (Zimmerrate)/Auslastung: Winter 500 Fr./70 %; Sommer: 250 Fr./50%
walliserhof-saasfee.ch
«Das Einsparpotenzial bei einem 4-Sterne-Superior-Hotel ist klein»
Ein einfaches Erbe ist es für Thorsten Fink auch deshalb nicht, weil Saas-Fee in den letzten Jahren immer weniger als Destination für Luxusgäste wahrgenommen wird. «Der Hammerdeal war für das 5-Sterne-Segment der falsche Anreiz», kommentiert Thorsten Fink. Fink ist aber überzeugt, dass Saas-Fee ein «riesiges Potenzial» hat. Der im hinteren Saastal gelegene Wintersportort kann mit viel Aussergewöhnlichem trumpfen: einer Sommerrodelbahn und einer Gletschergrotte, vergleichsweise einfach zu besteigenden Viertausendern und auf der grössten Gletscherskipiste der Alpen werden Olympiasieger trainiert. An exklusiven Erlebnissen fehle es nicht, aber an der Bekanntheit, moniert Fink. Doch Thorsten Fink hat gerne Herausforderungen. Das Ganzjahresgeschäft und vor allem die Mitarbeitersituation waren auch in der Frutt Lodge alles andere als einfach gewesen. Trotzdem gebe es ein paar wichtige Unterschiede zu seiner früheren Wirkungsstätte auf der Melchsee-Frutt. Fast ausschliesslich «gut verdienende» Schweizer Gäste konnte er dort empfangen. In Saas-Fee machten diese im besten Fall die Hälfte aus. Neben dem fehlenden Nachfragedruck in Saas-Fee mit ein Grund, weshalb er beim 5-Sterne-Hotel übers ganze Jahr gesehen sogar eine tiefere Zimmerrate erwartet als beim 4-Sterne-Superior-Haus auf der Melchsee-Frutt.
[IMG 2]Hätte ein 4-Sterne-Superior-Hotel nicht besser zur Saastaler Kundschaft gepasst als ein 5-Sterne-Hotel? Thorsten Fink winkt ab. Er hat das Szenario einer 4-Sterne-Superior-Zimmerrate durchgerechnet.
«Mit einem 4-Sterne-Superior-Hotel würden wir langfristig an Marge verlieren», meint Fink. So könne er die Preise sukzessive in Richtung eines 5-Sterne-Niveaus entwickeln. Ein Down-grade wäre mit einem Reputationsverlust einhergegangen und hätte die Kundenwahrnehmung, aber auch die Zahlungsbereitschaft verändert. Zudem fielen die Kosten im 5-Sterne-Segment für ein solches Haus nur unwesentlich höher aus. Denn 24-Stunden-Zimmerservice könne man mit der sowieso 24 Stunden besetzten Réception abdecken. Die bei der 5-Sterne-Klassifikation vorgeschrieben Portiers müsse man in dem autofreien Ort und dem damit verbundenen notwendigen Abholdienst vom Bahnhof oder Parkhaus sowieso einstellen. Und eine Minibar im Zimmer falle dann auch nicht mehr ins Gewicht. «Das Einsparpotenzial bei einem 4-Sterne-Superior-Hotel ist klein.» Auch beim visuellen Auftritt und damit den Investitionen gebe es ausser bei den Raumgrössen kaum Unterschiede.
«Der Hammerdeal war für das 5-Sterne-Segment in Saas-Fee der falsche Anreiz.»
Thorsten Fink, Walliserhof Saas-Fee
Der Magic Pass bringt zahlungskräftigere Kunden nach Saas-Fee
Durch die Hammerdeal-Aktion der Bergbahn konnten Hotels und Appartements die Logiernächte seit Winter 2016/17 um 19 Prozent steigern. 2017/2018 lag die Auslastung der Hotels bei 42 Prozent, jene der Ferienwohnungen bei 32 Prozent. Seit diesem Winter ist Saas-Fee am Magic Pass beteiligt, der andere Gäste bringt: Die Kunden seien bereit, für gute Produkte einen angemessenen Preis zu bezahlen, so Tourismusdirektor Matthias Supersaxo. Mit dem neuen strategischen Thema «persönliche Herausforderungen» soll der Sommer gestärkt werden.
saas-fee.ch
Im «Walliserhof» kann der Gast per Swisspass ins Zimmer
Neben dem Luxus-Boutique-Hotel Capra ist der «Walliserhof» zudem das einzige 5-Sterne-Hotel im Ort, 4-Sterne-Hotels hat es dagegen eine ganze Reihe. Für den «Walliserhof» hat Fink den ökologisch bewussten Luxusgast im Visier, der das Naturerlebnis und nicht ein «Sehen und Gesehenwerden» sucht. Das passt zu Saas-Fee, das passt auch zu dem keinen High-End-Luxus verströmenden Stil des Hauses. Vorzeigebeispiel für Thorsten Fink ist für eine solche Strategie der «Lenkerhof» von Jan Stiller und Heike Schmidt. Statt mit Pomp besticht der neue «Walliserhof» mit viel Liebe zum Detail und Bewusstsein für Nachhaltiges: Das «Bitte nicht stören»-Schild ist aus Holz, mit original geschnitzter Trauffer-Figur. Als Zimmerkarte kann der SBB-Swisspass eingesetzt werden. Die Badelatschen werden mit Papierbanderole versehen statt in Plastik eingehüllt, viele Amenities im Bad lässt man in Folie aus Maisstärke einpacken. Doch nicht alle. Der Preis sei der vierfache, bei Produkten, die besonders hohen Verbrauch aufweisen, hat Fink aus Kostengründen auf die nachhaltige Alternative verzichtet. Im Sommer reicht das Rahmenprogramm von Yoga im Wald bis zur Kräuterwanderung am Berg. Engagiert wurden dafür Fachpersonen wie Personaltrainer und Ernährungsberater, die aufgrund ihrer Erfahrung aber breit wirken können. Mit einem vielfältig ausgestatteten Fitnessraum, der ersten Crossfit-Box im Hotel und der renovierten Eventhalle möchte man zudem Spitzensportler als Kunden für diese Leistungen anlocken und hofft auf entsprechende Werbeeffekte.
Den Sommer zu stärken, wird eine der wichtigsten Aufgaben der klassischen Winterdestination werden. So ist das Hotel The Dom in Saas-Fee nur noch im Winter geöffnet. «Die Kunst ist, im Sommer das Geld, das man im Winter verdient, nicht wieder zu verlieren.» Um den Winter macht sich der Hotelier keine Gedanken. Auch wenn es aktuell im Hotel, aber auch sonst in Saas-Fee nach der Weihnachtszeit ruhig ist. Ab kommendem Wochenende sei das Haus wieder gut belegt und dann bis Ende März fast ausgebucht, so der Hotelier.
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Der neue Auftritt des Ex-«Ferienart»
Wer das Haus von früher kennt, muss sich erst mal zurechtfinden. Dort, wo vormals die Pizzeria an die Strasse grenzte, empfängt nun die Lobby. Deren neu zweistöckige Architektur mit Atrium, in dem modern-zeitlose Kugellampen die zwei Stockwerke gekonnt verbinden, bringt Licht in den Eingangsbereich, das früher fehlte. Statt des klassischen Réceptionsdesks gibt es mehrere einzelne ovale Desks, die je nach Bedarf bespielt werden. Grundsätzlich können die Gäste aber dort einchecken, wo sie sich in der Lobby gerade wohlfühlen. Die Réceptionisten sind mit den nötigen Tablets ausgestattet. Der frühere Hoteleingang führt dagegen direkt ins Restaurant Cäsar Ritz, in dem neu auch alle Halbpensiongäste à la carte speisen oder wahlweise in einem der beiden anderen Restaurants des Hauses: Im italienischen Restaurant Del Ponte bietet man hausgemachte Pizza und Pasta und viele weitere Gerichte an, neu dort lokalisiert, wo vorher die Disco war, und ergänzt durch einen grossen Loungebereich. Fast unverändert präsentiert sich das «Stübli» für Schweizer Spezialitäten.
Nur einer leichten Auffrischung hat man den Wellnessbereich unterzogen. Auch von den Zimmerbädern wurde nur ein Teil ersetzt (ca. 40 %), die übrigen auf das neue Interior Design abgestimmt. Ebenfalls geblieben sind Hausfassade, die Fenster und Balkone, die Aussenholzbereiche sollen dieses Jahr renoviert werden.
Gut die Hälfte der Investitionen floss in die Erneuerung von Lüftung, Heizung, Elektrik und Sanitäranlagen sowie in ein neues Dach und ein neues Entertainment-System samt UKV und WLAN. Dabei wurde auf eine nachhaltige Energiebilanz beim Betrieb geachtet: Alle Lüftungen sind mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.