Die Schweizer Hoteliers blicken auf einen guten Sommer zurück. Sie haben in der Sommersaison 2018 von Mai bis Oktober klar mehr Übernachtungen verzeichnet als im Jahr davor. Insgesamt lag die Zahl der Logiernächte bei 22 Millionen. Das ist ein Plus von 3,1 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag mitteilte. Betrachtet man ausschliesslich den Monat Oktober, so fiel der Zuwachs etwas weniger stark aus. Hier nahm die Zahl der Logiernächte um 0,4 Prozent auf knapp 3 Millionen zu. Am höchsten war das Plus hingegen im August mit einem Wert von 4,7 Prozent.
«Gerade die Zunahme im August ist sehr erfreulich, da es sich für den Tourismus aufgrund der Sommerferien um einen der wichtigsten Monate des gesamten Jahres handelt», kommentierte Tourismusexperte Florian Hälg von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich gegenüber der Nachrichtenagentur AWP die Zahlen. Entsprechend falle auch der schwächere Zuwachs im Oktober weniger ins Gewicht. «Im Gegensatz zum August ist der Oktober weniger beliebt, zum Ferien machen», sagte Hälg.
«Trendwende ist geschafft»
Allgemein gelte, dass es nicht so wichtig sei, wie die Zahlen eines einzelnen Monats ausfielen, sondern wie sich das Bild der gesamten Saison präsentiere. «Hier können wir konstatieren, dass die Sommersaison erfreulich verlaufen ist. Der Tourismus hat die Trendwende geschafft», sagte Hälg. Vor allem bei den ausländischen Gästen war dabei laut BFS diese Trendwende zu beobachten. Konkret legten die Logiernächte hier um 3,6 Prozent auf deren 12,5 Millionen zu. Bei den inländischen Gästen betrug das Plus immerhin noch 2,4 Prozent und erreichte ein Total von 9,5 Millionen.
Besonders markant fiel die Zunahme bei Touristen aus Amerika aus. Die Vereinigten Staaten zeigten ein Plus von 11,3 Prozent auf 155'000 Übernachtungen. Ebenfalls überaus deutlich war der Anstieg bei gewissen asiatischen Gästegruppen. Besonders hoch war der Zuwachs bei Touristen aus China (ohne Hongkong) mit einem Plus von 69'000 Logiernächten (+8,1%), gefolgt von Indien mit 47'000 Übernachtungen (+8,1%). Dagegen kamen weniger Gäste aus Österreich (-7,2%) sowie Italien (-2,2%).
Nach Tourismusregionen unterteilt, registrierten insgesamt 9 von deren 13 gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode eine Zunahme der Logiernächte. Zürich wies mit einem Plus von 169'000 Logiernächten (+4,9%) den grössten absoluten Anstieg auf. Darauf folgten Bern mit einem Plus von 157'000 Logiernächten (+5,0%), Graubünden (+122'000/+5,6%) sowie die Region Luzern/Vierwaldstättersee (121'000/+5,3%). Demgegenüber verbuchte das Tessin den stärksten Logiernächterückgang (-115'000/-6,4%).
Aussichten positiv
Und für die Zukunft sind die Aussichten weiter positiv, wie KOF-Experte Hälg bestätigte. «Die günstige konjunkturelle Lage im Inland und Ausland wird die Nachfrage im Tourismus erhöhen», sagte er. Zumindest leicht dämpfend auf die Entwicklung könnte sich allerdings die seit Mitte des Jahres eingesetzte Frankenaufwertung auf die Nachfrage aus dem Euroraum auswirken, sagte Hälg weiter. Bei der Wintersaison spielten ausserdem auch die Witterungs- und Schneebedingungen eine Rolle.
Aktuell prognostiziert die KOF nach wie vor eine leichte Zunahme von 0,3 Prozent bei den Ersteintritten bei den Bergbahnen in der kommenden Wintersaison. Für die übernächste Wintersaison wird ein Plus von 0,8 Prozent vorhergesagt. Der längerfristige Trend bei den Bergbahnen bleibt allerdings weiterhin leicht negativ. Wenn man den Blick schliesslich über den Winter hinaus etwas weiter in die Zukunft schweifen lässt, so zeigen die allgemeinen Aussichten für die kommenden zwei Tourismusjahre laut KOF klar nach oben. «Die höchsten Zuwächse werden weiterhin bei den Fernmärkten, insbesondere bei den asiatischen und nordamerikanischen Herkunftsländern, verzeichnet», hiess es.
Verband hotelleriesuisse mit verhaltenen Optimismus
Die aktuelle Lage wird vom Unternehmerverband hotelleriesuisse etwas weniger positiv gewertet. Umfragen bei den Mitgliedern von hotelleriesuisse hätten zwar gezeigt, dass die Zimmerauslastung während der Sommersaison 2018 erfreulich war, schreibt der Verband in einer entsprechenden Mitteilung. Die generell steigenden Zahlen täuschen laut hotelleriesuisse jedoch über eine äusserst schwierige Ertragslage in der Beherbergungsbranche und insbesondere in der Hotellerie hinweg. Bezüglich Logiernächte dürfe man primär nicht vergessen, dass der Anstieg von einem tiefen Niveau aus geschehe, heisst es in der Mitteilung. Insbesondere die europäischen Gäste seien noch lange nicht auf dem Niveau zurück wie vor dem Frankenschock. Zudem werde sich das Wachstum voraussichtlich abschwächen. Ein Grund dafür liege primär in der Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro, die seit Mitte Jahr stattfindet.
Ziehe man andere Indizes als die Logiernächte bei, beispielsweise Preise und Erträge, so zeigt sich laut hotelleriesuisse ein weniger positives Bild der Branche. Insbesondere in den Aufwertungsphasen des Schweizer Frankens hätten viele Anbieter ihre Preise aufgrund der schwachen Nachfrage gesenkt, was kleinere Umsätze pro Logiernacht zur Folge hatte. Auch betreffe die positive Entwicklung der Übernachtungszahlen nicht alle Teile der Schweiz gleichermassen. Während die Logiernächtezahlen im Alpenraum seit 2017 von einem tiefen Niveau aus ansteigen, verzeichnete die Stadthotellerie bereits seit mehreren Jahren ein Wachstum. Im Tessin, einer Tourismusregion welche schon seit Jahren mit sinkenden Logiernächten zu kämpfen hat, gehen laut hotelleriesuisse die Logiernächte im Jahr 2018 schätzungsweise um mehr als sieben Prozent zurück. Zudem konnte der Schweizer Tourismus von einem frühen Start der Wintersaison 17/18 mit exzellenten Schneeverhältnissen profitieren, schreibt der Verband. Auch das gute Wetter im Sommer und im Herbst hätten zur positiven Auslastung beigetragen. Diese Bedingungen seien jedoch nicht beliebig wiederholbar.
Aus diesen Gründen könne aus Sicht von hotelleriesuisse noch nicht von einer breit angelegten Trendwende in der Branche gesprochen werden, heisst es in der Mitteilung. Wichtig sei, die Preis- und Ertragssituation sowie die regionalspezifischen Gegebenheiten in der Entwicklung genau zu beobachten. Zudem habe die Branche immer noch massiven Investitionsbedarf und sei auf qualifizierte und gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Beiden Engpässen könne dank einer verbesserten Preis- und insbesondere Margensituation entgegengewirkt werden. (htr awp sda)