Sandra Bütler ist eine von sieben Frauen, die eine Schweizer Seilbahn führen. An ihrem ersten Arbeitstag besuchte die neue CEO der Pilatus-Bahnen alle Anlagen, Hotels und Restaurants, die zum Portfolio gehören, und stellte sich den Mitarbeitenden vor. Für die gelernte Tourismusfachfrau sind Wertschätzung und Herzlichkeit die bedeutendsten Bestandteile der Unternehmenskultur des Luzerner Hausberges.

Die ehemalige Mitinhaberin der Event- und Kommunikationsagentur Premotion hat einen Master in Kommunikation. Die Freizeit verbringt sie gerne mit ihrer Familie. Sie verfolgt die sportlichen Aktivitäten ihrer beiden Jungs beim Fussball und beim Handball, praktiziert regelmässig Yoga und bummelt gerne durch die Natur. Hätte sie mehr Zeit, würde sie öfter reisen. [RELATED]

Sandra Bütler, was hat Sie dazu bewogen, sich für die Spitze einer Schweizer Bergbahn zu bewerben?

Nach der langen Zeit bei Premotion wollte ich noch einmal etwas Neues anpacken. Die Pilatus-Bahnen bestehen aus viel mehr als nur den Bahnen. Auch Hotels und Gastronomie gehören dazu. Als CEO sollte man über ein breites Netzwerk und die Fähigkeit verfügen, Menschen aus verschiedenen Berufsfeldern zusammenzubringen. Mich faszinierte diese Aufgabe sofort. Was nicht entscheidend war und doch ein Vorteil ist: Die Pilatus-Bahnen befinden sich für mich als Krienserin vor der Haustür.

Wie haben Sie sich gegen die 200 anderen Bewerbenden durchgesetzt?

Unser Verwaltungsratspräsident sagte mir, ich hätte durch meine Authentizität überzeugt. Was meine Arbeitsweise angeht, darf ich behaupten, sehr lösungsorientiert zu handeln. Wichtig ist es, die richtigen Leute an den Tisch zu bringen, wenn es darum geht, Lösungen effizient anzustreben. Ich bin offen und empathisch, aber auch entscheidungsfreudig. Konflikte sitze ich nicht aus, sondern handle aktiv. Meinen Job mache ich mit totaler Leidenschaft, was aber nur deshalb möglich ist, weil mein Mann und meine Kinder mir den Rücken stärken.

dies oder das?

Sportschuhe oder High Heels?
Sportschuhe. Ich fühle mich darin viel wohler als in High Heels.

Cocktail oder Mocktail?
Cocktail. Wenn ich mal etwas Spezielles trinke, darf ein Schuss Alkohol drin sein.

Fussball oder Yoga?
Beides: Yoga aktiv, Fussball passiv.

Safari oder soziales Engagement?
Sowohl als auch – alles zu seiner Zeit.

Zahnradbahn oder Gondeli?
Selbstredend beides.

Welche Erfahrungen aus Ihrer Zeit in der Event- und Kommunikationsbranche helfen Ihnen in der neuen Rolle?

Ich hatte stets mit Kundinnen und Kunden aus unterschiedlichen Branchen zu tun und musste mich folglich immer wieder auf neue Ausgangslagen einstellen. Das fördert die Offenheit und die Flexibilität. Ich brachte Projektteams zusammen und lernte, hohen Ansprüchen gerecht zu werden und Qualität zu liefern. Wer einen Betrieb als CEO führt, sollte ein gewisses Mass an Belastbarkeit, aber auch Gelassenheit und Kritikfähigkeit mitbringen. Und ein wichtiger Faktor war die Erlebnisinszenierung, die jetzt auch ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit ist.

Welchen persönlichen Gegenstand haben Sie ins neue Büro mitgenommen?

Mein Sohn hat mir einen Obsidian geliehen. Dieser Halbedelstein steht zwar nicht auf meinem Schreibtisch, aber ich habe ihn immer bei mir, wenn ich den Rucksack trage. Der Stein soll die Nervenstärke fördern, schlechte Gefühle abwehren und Energie geben. Weil ich den Stein von meinem Sohn bekam, glaube ich fest an seine Wirkung.

Welche Herausforderungen sehen Sie auf die Pilatus-Bahnen zukommen?
Eine zentrale Herausforderung bleibt, Mitarbeitende für den Saisonbetrieb zu finden. Wir haben den Vorteil, dass wir als Arbeitgeber einen guten Ruf geniessen und verschiedene Jobs in unterschiedlichen Sparten wie Service, Küche, Zahnradbahn, Seilpark, Kasse oder Gästebetreuung anbieten. Wir arbeiten stetig daran, unsere Unternehmenskultur und unseren guten Ruf zu pflegen und weiter zu verbessern.

Wie planen Sie die Erneuerung der Panoramagondelbahn bis 2038 zu gestalten?

Das ist auf strategischer Seite die grösste Herausforderung, die wir meistern müssen. Es stehen zwei Ideen zur Diskussion: der Bau einer neuen Talstation beim Parkplatz 3, hundert Meter vom aktuellen Standort entfernt, oder auf dem Dach des Pilatusmarkts. Das Grossprojekt schieben wir jetzt an und beziehen alle Stakeholder mit ein.

Wer einen Betrieb als CEO führt, sollte ein gewisses Mass an Belastbarkeit, aber auch Gelassenheit und Kritikfähigkeit mitbringen.

Wie möchten Sie sicherstellen, dass die Pilatus-Bahnen in Zukunft nachhaltig und umweltfreundlich agieren?

Unser Engagement in ökologischer und sozialer Verantwortung möchte ich an Beispielen zeigen: Wir planen auf dem Dach unserer Werkstatt in Alpnachstad eine grössere Fotovoltaikanlage. Bereits heute rekuperieren wir bei den neuen Triebwagen der Zahnradbahn Energie. Um den Food-Waste zu reduzieren, haben wir in der Gastronomie verschiedene Massnahmen getroffen. Wir bieten gute Arbeitsbedingungen und zahlen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Nachhaltigkeit wurde als zentrales Thema in den Zielen verankert, und wir streben die ISO-14001-Zertifizierung an.

Wie werden Sie die Balance zwischen internationalen und einheimischen Gästen fördern?

Es ist wichtig, diese Balance proaktiv zu steuern. Unser strategisches Ziel ist es, dass der Anteil an Schweizer Gästen 50 Prozent beträgt. Wir wollen für die einheimische Bevölkerung ein attraktives Naherholungsgebiet sein. Gleichzeitig schätzen wir uns über die internationalen Gäste glücklich, weil sie uns zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter eine gewisse Auslastung garantieren.

Welche Führungsprinzipien sind Ihnen am wichtigsten? 
Positivität gehört zu den neuen Führungsprinzipien: offen und tolerant mit den Mitarbeitenden umgehen. Kommunikation ist ein weiterer Pfeiler – klare Botschaften vermitteln und Feedbacks geben. Orientierung ist wichtig, also: Ziele haben, Ziele kennen, Ziele gemeinsam verfolgen. Dann gehört auch die Unterstützung dazu. Wir wollen Mitarbeitenden helfen, sich zu entwickeln und individuelle Ziele zu erreichen. Und schliesslich sollen Wertschätzung gelebt und der Dialog gepflegt werden. 

Wie planen Sie, das Erbe Ihres Vorgängers Godi Koch weiterzuführen und gleichzeitig Ihre eigenen Akzente zu setzen? 
Die Pilatus-Bahnen befinden sich in einer sehr guten Verfassung. Das ist der Verdienst von Godi Koch und seinem ganzen Team, da wurde eine super Arbeit verrichtet. Dieses Erbe möchten wir sorgfältig pflegen. Es ist unser Ziel, dass wir uns bei den täglichen Dienstleistungen kontinuierlich verbessern und die Gäste nach dem Erlebnis am Berg glücklich sind.

 Als CEO sollte man über ein breites Netzwerk und die Fähigkeit verfügen, Menschen aus verschiedenen Berufsfeldern zusammenzubringen. 

Welche langfristigen Visionen haben Sie für die Pilatus-Bahnen und die Region Kriens-Luzern?  
Die Grundlage unseres Schaffens ist von grossem Pioniergeist geprägt, denken wir nur an unsere Zahnradbahn, die steilste überhaupt der Welt und vor 135 Jahren gebaut. Meine Vision ist es, diesen Pioniergedanken immer wieder vor Augen zu halten, unser Angebot zu emotionalisieren und immer wieder Begeisterung zu entfachen. Wir müssen uns laufend verbessern und mutig sein. Ausruhen dürfen wir uns nie. Für mich persönlich visionär formuliert: Wir wollen eine Ikone in der Zentralschweiz bleiben. 

Sie engagieren sich privat für den SC Kriens. Weshalb steht Ihnen der Fussball nahe? 
Ich mag Fussball seit je, es ist ein Sport, der mich gut unterhält. Nun ist der SC Kriens der Fussballverein mit der grössten Juniorenbewegung der Schweiz. Das hat mich dazu bewogen, mich für den Breitensport und in der Geschäftsleitung des SC Kriens vor allem im Bereich Projekte & Strategie zu engagieren. Aber zurzeit kann ich nicht mehr so viel Zeit investieren. 

Welchen Wunsch würden Sie sich erfüllen, wenn Sie einen frei hätten? 
Wenn ich die Frage auf mich münzen soll, kann ich sagen: Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit. Ich habe eine wunderbare Familie, einen tollen Arbeitgeber, einen erfüllenden Job, bin gut gestartet, gut aufgenommen worden und darum wunschlos glücklich. Ich hoffe, die Balance im Leben in Zukunft behalten zu können.