In der Nacht werde mehr Alkohol konsumiert als zu anderen Tageszeiten, hält der Bundesrat in der am Freitag veröffentlichten Botschaft zur Totalrevision des Alkoholgesetzes fest. Entsprechend häuften sich zu diesen Stunden die Fälle problematischen Alkoholkonsums.
 
Der Bundesrat schlägt deshalb ein «Nachtregime» vor: Von 22 Uhr bis 6 Uhr soll der Detailhandel keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen, und in Restaurants sollen während dieser Stunden keine Lockvogelangebote wie «Happy Hours» mit vergünstigten alkoholischen Getränken mehr möglich sein.
 
Keine Preiserhöhungen
Auch in den übrigen Punkten hält der Bundesrat an den Eckwerten fest, die er vergangenen Herbst nach der Vernehmlassung beschlossen hatte. So verzichtet er vollständig auf preisliche Massnahmen. Eine eingehende Prüfung von Massnahmen gegen Billigstangebote habe gezeigt, dass gezielte Preiserhöhungen rechtlich heikel wären, schreibt der Bundesrat.
 
Preiserhöhungen, die alkoholische Getränke aller Preisklassen treffen würden, wären wiederum unverhältnismässig. Der Alkoholkonsum nehme schliesslich seit 20 Jahren stetig ab, gibt der Bundesrat zu bedenken. Im Jahr 1990 lag der Pro-Kopf-Konsum bei 10,8 Litern reinem Alkohol, im Jahr 1010 bei 8,5 Litern.
 
Steuerermässigung für Selbstgebranntes
Entschieden hat der Bundesrat auch, die Spirituosensteuer nicht an die seit 1999 aufgelaufene Teuerung anzupassen. Sie soll bei 29 Franken pro Liter reinen Alkohols bleiben. Eine Anpassung an die Teuerung hätte dem Bund Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken gebracht.
 
Von der Besteuerung ausnehmen will der Bundesrat Nahrungsmittel wie Pralinen und Fertig-Fondue. Spirituosenhersteller, die nur kleinste Mengen brennen, sollen zudem eine Steuerermässigung erhalten.
 
Neu sind zudem nicht mehr die 48'000 Personen steuerpflichtig, die von einem Lohnbrenner Alkohol herstellen lassen, sondern neu die eigentlichen Hersteller, also die Lohnbrenner. Diese stellen dem Auftraggeber die Steuer jedoch in Rechnung. Die Zahl der steuerpflichtigen Hersteller reduziert sich dadurch von
48'000 auf rund 3'000.
 
Weniger strenge Werbevorschriften

Lockern will der Bundesrat ausserdem die Werbebeschränkungen für Spirituosen. Heute ist alles verboten, was nicht in direktem Bezug zur Spirituose steht. Künftig sollen die Hersteller mehr Spielraum haben. Werbung, die den Alkohol «verherrlicht», soll jedoch verboten bleiben.
 
Unverändert bleibt das gesetzliche Mindestalter für die Abgabe alkoholischer Getränke. Bier und Wein gibt es ab 16 Jahren, Spirituosen und Alcopops ab 18. Die Kantone sollen nach wie vor die Möglichkeit haben, strengere Vorschriften festzulegen.
 
Gesetzliche Grundlage für Testverkäufe
Die Einhaltung der Altersgrenzen soll weiterhin mit jugendlichen Testpersonen überprüft werden können. Der Bundesrat will dafür eine rechtliche Grundlage schaffen. Die Ergebnisse von Testkäufen sollen in Strafverfahren jedoch nur verwendet werden können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
 
So müssen etwa die Eltern der Jugendlichen zugestimmt haben, und die Testkäufe müssen von anerkannten Fachorganisationen oder Behörden durchgeführt werden. Weiter dürfen keine Massnahmen getroffen werden, die das wahre Alter der Jugendlichen verschleiern.
 
Das Bundesgericht hat vor kurzem festgehalten, dass Alkohol-Testkäufe durch Minderjährige als verdeckte Ermittlung gelten. Fehlbare Händler könnten nicht strafrechtlich belangt werden, solange der Bund oder die Kantone die Verwertung der Beweise nicht ausdrücklich erlauben.
 
Monopol des Bundes fällt
Mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes wird der Ethanol- und Spirituosenmarkt liberalisiert: Der Bund verzichtet auf das Monopol zur Herstellung und Einfuhr von Spirituosen beziehungsweise Ethanol und zieht sich ganz aus dem Handel zurück. Damit braucht er keinen eigenen Logistikbetrieb mehr. Alcosuisse soll privatisiert werden.
 
Weiter will der Bund auf die meisten Bewilligungsverfahren verzichten. Bewilligungspflichtig bleibt der steuerfreie Bezug von Ethanol, der nicht für den Menschen ungeniessbar gemacht worden ist. (npa/sda)

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