Der Reisedetailhändler Dufry hat die Corona-Baisse im ersten Halbjahr 2022 schon fast abgeschüttelt. Nach dem beispiellosen Einbruch in den Vorjahren sind wieder gut 75 Prozent der Vorkrisen-Umsätze zurück - und dies trotz eines anhaltend schwachen Asien-Geschäfts. In den Fokus rückt nun verstärkt die Grossübernahme der italienischen Autogrill.
Die Dufry AG mit Sitz in Basel ist ein Reise-Detailhändler. Das Unternehmen betreibt weltweit in 65 Ländern rund 2300 Duty-free- und Duty-paid-Läden an Flughäfen, auf Kreuzfahrtschiffen, in Seehäfen, Bahnhöfen, Stadtzentren, Flugzeugen, auf Fähren und an Grenzübergängen. Im Juli 2022 hat Dufry den Autobahnraststätten-Betreiber Autogrill übernommen.
Mit Ausnahme der Region Asien erholten sich die Reiseaktivitäten und der Konsum in den Duty-Free-Läden deutlich vom Corona-Einbruch in den beiden Vorjahren. Die geopolitischen Unsicherheiten bleiben mit Blick nach vorne aber weiterhin gross.
Mit 2,92 Milliarden Franken setzte das Basler Unternehmen im ersten Semester mehr als doppelt so viel um wie im Vorjahreszeitraum. «Wir haben bei den Ferienreisenden stark von einem Nachhol-Effekt profitiert», sagte der neue CEO Xavier Rossyniol.
Besonders fleissig eingekauft wurde dabei in den Duty-Free-Geschäften in der Mittelmeer-Region, aber auch in Nordamerika und der Karibik schnellten die Verkäufe von Spirituosen, Alkohol und Parfüm in die Höhe. Organisch lag das Plus bis Ende März bei 147 Prozent, wie Dufry am Dienstag mitteilte. Damit seien bereits gut 75 Prozent des Vorkrisenniveaus vom ersten Halbjahr 2019 wieder erreicht worden.
Asien-Geschäft bleibt schwach
Besonders gut liefen die Geschäfte in Europa - insbesondere im Mittelmeerraum - und dem amerikanischen Kontinent. Dufry profitierte hier stark vom Wegfall der Corona-Massnahmen und der Zunahme des Reiseverkehrs. In der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika wurde der Umsatz von Januar bis Juli auf 1,46 Milliarden Franken mehr als verdreifacht. Auch in der zweitgrössten Region mit Nord-, Zentral- und Südamerika sowie der Karibik resultierte eine Verdoppelung der Erträge auf 1,30 Milliarden.
Insgesamt sei damit die Erholung stärker ausgefallen als erwartet, so die Meldung. Weiterhin stark von der Corona-Pandemie geprägt war einzig die Region Asien-Pazifik. Dort fehlten aufgrund der anhaltenden Einschränkungen in China die wichtigste Gästegruppe weitgehend und der Umsatz erreichte mit 55 Millionen Franken erst 16 Prozent des Vorkrisenwertes von 2019. Trotz Lockerungen an wichtigen Reisezielen wie Bali oder Thailand machte sich dort das weitgehende Fehlen der chinesischen Touristen aufgrund der Lockdowns bemerkbar.
Verlust eingegrenzt
Auch mit Blick auf die Profitabilität konnte sich Dufry im ersten Halbjahr klar verbessern. So stieg die Brutto-Gewinnmarge gegenüber dem Vorjahr um fast 5 Prozentpunkte auf 60,9 Prozent an. Der bereinigte operative Gewinn auf Stufe EBITDA (Core) als neue Referenzgrösse erreichte 152,4 Millionen Franken, nach einem Fehlbetrag von 4,3 Millionen in der Vorjahresperiode.
Die Erholung sei vor allem auf tiefere Kosten und die verzögerte Wiedereinstellung von Personal zurückzuführen, was die Auswirkungen des inflationären Umfelds mehr als ausgeglichen habe, heisst es in der Mitteilung. Unter dem Strich verblieb das Unternehmen zwar weiterhin in den roten Zahlen, allerdings konnte der Verlust gemäss IFRS auf -17,6 Millionen eingegrenzt werden. In der Vorjahresperiode betrug der Reinverlust noch rund eine halbe Milliarde Franken.[RELATED]
Keine konkrete Zielsetzung
Die positiven Trends des ersten Semesters hätten sich in den ersten Wochen des zweiten Halbjahres über alle Kennzahlen hinweg fortgesetzt, schreibt Dufry. So erreichten die Erträge im Monat Juli auf Gruppenebene bereits wieder 90 Prozent des Vorkrisenniveaus. Auf Grund der aktuellen geopolitischen Situation und den anhaltenden Unsicherheiten bei der weiteren Entwicklung der Pandemie verzichtet Dufry aber weiterhin auf eine konkrete Zielsetzung für das Gesamtjahr.
Angespannt ist beim Reisedetailhändler aber wie bei anderen Unternehmen der Branche die Personalsituation. «Wir haben derzeit innerhalb der Gruppe fast 2000 offene Stellen, die wir besetzen wollen», so Rossyniol.
Mit Blick auf die Mitte Juli vermeldete Übernahme der italienischen Autogrill erwartet das Unternehmen den Abschluss der ersten Phase und die Übernahme des 50,3 Prozent-Anteils von Edizione im ersten Quartal 2023. Dies vorbehaltlich der Zustimmung durch die ausserordentliche Generalversammlung, die ist für den 31. August angesetzt ist.
Neuer CEO mit Mammut-Aufgaben
Neben den aktuellen Unsicherheiten warten noch weitere Herausforderungen auf den Dufry-Chef, der sein Amt erst Anfang Juni angetreten hat. Einerseits muss es ihm gelingen, auch unter dem Strich wieder schwarze Zahlen zu erwirtschaften. Für 2020 und 2021 hatten sich kumuliert Verluste in Höhe von fast 3 Milliarden angehäuft. Demgegenüber mutet das Minus von 18 Millionen im ersten Halbjahr 2022 bescheiden an.
Rossyniol wird in naher Zukunft auch mit der angekündigten Übernahme der italienischen Autogrill stark beschäftigt sein - sofern das Aktionariat diese an der Generalversammlung von Ende August durchwinkt. Neben Flughäfen, Häfen und Bahnhöfen wird die Präsenz in Europa auch auf Autobahn-Raststätten ausgedehnt. Zusammen sollen die Unternehmen gemessen am Vorkrisenwert dereinst einen Jahresumsatz von 13,6 Milliarden Franken erzielen. (sda/cl)