Die Invasion russischer Truppen in der Ukraine bewegt gerade die Welt. Kein Wunder also, dass die Eskalation auch an der Jahresmedienkonferenz von Schweiz Tourismus ein grosses Thema war.
Denn der Konflikt dürfte auch beim Schweizer Tourismus seine Spuren hinterlassen. Laut dem Chef von Schweiz Tourismus, Martin Nydegger, nämlich gleich auf dreifache Weise: Einerseits dürfte durch den Krieg natürlich die Reisetätigkeit von russischen Gästen in die Schweiz abnehmen. «Die ist im Moment natürlich hochgradig gefährdet», so Nydegger.
Und dabei sind die Reisenden aus Russland für die Branche in der Schweiz sehr wichtig. In normalen Jahren – also vor der Krise – habe man jeweils rund 360'000 Logiernächte jährlich durch russische Gäste verzeichnet, sagte Nydegger. Zum Vergleich: Insgesamt betrug die Zahl der Übernachtungen von ausländischen Gästen in der Schweiz im Jahr vor der Krise 21,6 Millionen. Damit gingen rund 2 Prozent der Übernachtungen auf das Konto von Russen.
Wie gross die Zahl der Übernachtungen von Ukrainern in der Schweiz ist, kann der Verband Schweiz Tourismus laut einer Sprecherin hingegen nicht beziffern. Jedoch handle es sich um eine kleine Zahl.
Reisenden aus anderen Kontinenten denken an «Europakonflikt»
Dazu kommt laut Nydegger die Verunsicherung, die der Konflikt im Ausland auslöst. «Die Krise ist in den Augen einiger näher an der Schweiz als sie tatsächlich ist.» Aus Sicht von Gästen aus Fernmärkten wirke die Invasion eher wie ein Konflikt, der sich in Europa abspielt und nicht wie ein reiner Russland-Ukraine-Konflikt, sagte Nydegger. «Das kann Menschen aus anderen Kontinenten davon abhalten, nach Europa zu reisen.»
Drittens wirke sich natürlich die Verteuerung der Rohstoffe stark aus. «Wir spüren heute schon die Preiserhöhungen der Rohstoffe, und diese verteuern das Angebot». Das dürfte viele Touristen davon abhalten, in die Schweiz zu reisen.[RELATED]
Allerdings betonte Nydegger auch die Resilienz des Schweizer Tourismus in Krisenzeiten. «Es gab auch früher schon geopolitische Krisen oder Naturkatastrophen», sagte er. Der Tourismus habe sich allerdings jeweils als sehr krisenresistent erwiesen, daran glaube er auch jetzt. (sda/awp)
Franken steigt zum Euro auf höchsten Stand seit Januar 2015
[IMG 2]Der Schweizer Franken profitiert einmal mehr von seinem Ruf als sicherer Hafen, lässt aber, wie von Martin Nydegger betont, die Schweiz auch teurer werden. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat den Euro gegenüber dem Franken auf den tiefsten Stand seit über sieben Jahren fallen lassen.
Die Gemeinschaftswährung fiel dabei von über 1,04 noch am Mittwoch in der Nacht auf Donnerstag bis auf 1,02895 Franken, den tiefste Stand im laufenden Jahr und seit der Aufhebung des Euromindestkurses im Januar 2015. Aktuell notiert das Währungspaar wieder leicht über der Marke von 1,03. Gegenüber dem Dollar verlor der Franken dagegen mit aktuell 0,9235 etwas an Wert, denn der Dollar wird in Krisenzeiten ebenfalls als sicherer Hafen angesteuert. Massiv unter Druck zu Dollar und Franken geriet auch der russische Rubel.
Interveniert die SNB?
Wie es mit dem Franken weitergeht muss sich zeigen. Die erste Reaktion des Franken sei relativ heftig gewesen, sagte Thomas Stucki, Anlagestratege der St. Galler Kantonalbank. Danach sei es zu einer Gegenreaktion gekommen. «Ich würde nicht ausschliessen, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute Morgen interveniert hat.» Der Franken dürfte laut der Einschätzung von Stucki in der nächsten Zeit noch etwas stärker werden. Entsprechend könnte es auch zu weiteren Interventionen kommen: «Die SNB wird dann intervenieren, wenn sie sieht, dass der Markt auf einen starken Franken spekuliert», sagte er.
Solange die Spannungen in der Ukraine nicht gelöst seien, dürfte das EUR/CHF-Währungspaar unter Druck bleiben, heisst es auch in einer Devisen-Einschätzung der holländischen ING Bank. Dabei könne ein Test der Parität nicht ausgeschlossen werden, sollte sich die Situation weiter verschlechtern. «Die Anleger könnten darauf spekulieren, dass russische Gelder in die Schweiz und aus dem Dollar fliessen werden, bevor die Sanktionen wahrscheinlich aggressiver werden», argumentiert Chris Turner von ING. Die SNB werde dann aggressiv am Devisenmarkt eingreifen, wenn die Parität erreicht werde, glaubt er.
Starke Unterstützung bei 1,03 Franken
Für Thomas Flury, Devisenexperte bei der Grossbank UBS, ist der Kurs von 1,03 eine wichtige Marke. «Im Januar wurde die Marke von 1,03 schon einmal getestet. An dieser Marke prallte der Kurs aber ab.» Bei 1,03 sei zwar kein fixer Boden, die Marke habe aber Signalwirkung, da 1,03 in etwa die Untergrenze seit Januar 2015 sei.
Auch Flury kann sich Interventionen vorstellen. Die SNB habe in der Vergangenheit gezeigt, dass sie im Falle einer Franken-Aufwertung in einer Krisensituation sehr aufmerksam sei und eine übermässige Aufwertung mit Interventionen verhindere, sagt Flury. Die SNB dürfte dabei versuchen, mit Interventionen die Volatilität etwas aus dem Markt zu nehmen. «Die Parität ist vor allem eine psychologische Schwelle», meinte er. (awp/sda/npa)