Daniel Kalt, wie beeinflusst die anhaltende Stärke des Schweizer Frankens die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie und des Tourismus?
Die Schweizer Export- und damit auch die Tourismuswirtschaft hat in erster Linie mit einem schwachen Euro zu kämpfen. Wenn der EUR-CHF-Wechselkurs sich gegen 0.90 Franken bewegt, wird es für viele Betriebe schwierig. Wir erwarten, dass sich der Wechselkurs im Verlauf dieses Jahres eher schwankend im Bereich von 0.93 bewegen wird.

Wie steht es um den Dollar?

Beim US-Dollar sieht die Situation diametral anders aus: Der Franken schwächelt gegenüber dem US-Dollar. Die Wahl von Donald Trump hat dem Greenback nochmals Auftrieb gegeben. Wenn junge amerikanische Taylor-Swift-Fans es vorziehen, in die Schweiz zu fliegen, um das Konzert ihres Idols zu besuchen, sagt das einiges.

Bei unseren Nachbarn sind Inflation und sinkende Kaufkraft ein Riesenthema.

Anders als vor fünfzehn Jahren, als Europas Peripherie während der Eurokrise in grossen Schwierigkeiten steckte und Deutschland und Frankreich die Eurozone über Wasser hielten, ist heute Kerneuropa das grosse Problem. Deutschland etwa hat mit vielfältigen strukturellen Problemen zu kämpfen. In Europas Peripherie läuft es hingegen recht gut. Spaniens Wirtschaft zum Beispiel wächst derzeit mit über drei Prozent.

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Könnte die Inflation auch in der Schweiz zum Thema werden?

Die Inflation war in der Schweiz mit gut drei Prozent nie so hoch wie im umliegenden Europa mit knapp elf Prozent. Und sie hat sich auch viel schneller zurückgebildet und liegt bereits seit Mitte 2023 wieder unter zwei Prozent. Zurzeit macht sich die Schweizerische Nationalbank gar eher Sorgen, dass die Inflation in der Schweiz zu tief und gar unter null fallen könnte.

Wie wirkt sich der Fachkräftemangel in der Hotellerie auf die Entwicklung des Sektors aus?

Aufgrund der demografischen Entwicklungen werden in der Schweiz inzwischen Jahr für Jahr mehrere Zehntausend Erwerbspersonen mehr in den Ruhestand entlassen als junge Leute in den Arbeitsmarkt nachrücken. Dieses Problem wird sich künftig verschärfen.

Wie wichtig ist die Wahrnehmung der Schweiz als sicheres Reiseland in diesem von Instabilität geprägten Umfeld?

Die Sicherheit einer Reisedestination dürfte insbesondere bei Überseetouristen ein bedeutender Faktor sein, um es ganz oben auf die Liste der Wunschdestinationen zu schaffen. Insofern ist es für die Schweiz als eher teure Destination besonders wichtig, Attribute wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit in allen Dimensionen besonders hervorstreichen zu können.

KI wird sehr viele Prozesse in der Tourismusbranche revolutionieren.

Erkennen Sie veränderte Reisegewohnheiten in Anbetracht der aktuellen globalen geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen?

Grössere geopolitische Schockereignisse wie Terroranschläge, aber auch die Pandemie haben uns gezeigt, wie drastisch sich die Geschäftslage im Tourismus über Nacht ändern kann. Wir haben aber auch gesehen, dass die Menschen bei einer Normalisierung der Situation relativ schnell wieder zu den alten Verhaltensmustern zurückkehren.

Wenn der Mensch nicht mehr weiter weiss, hilft KI: Tatsächlich?

Wir sind überzeugt, dass künstliche Intelligenz quer durch alle Branchen und Gesellschaftsschichten substanzielle Umwälzungen bringen wird. Wir beurteilen die Entwicklungen in der KI dabei entlang dreier Ebenen der Wertschöpfungskette. Derzeit findet der Investitionsboom vor allem in den KI-Daten- und Rechenzentren statt. Ebenso wird viel in die Intelligenzebene investiert. Mit etwas Verzögerung erfolgen dann die Anwendung und die Ausbreitung von KI-Modellen in noch vielen weiteren Bereichen der Wirtschaft. KI wird – und tut dies zum Teil auch schon – sehr viele Prozesse in der Tourismusbranche revolutionieren.

Was sind die entscheidenden Faktoren für den Erfolg der Schweizer Hotellerie im aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld?

Der Erfolg der Schweizer Hotellerie muss auf einem klaren Markenversprechen basieren, das höchste Qualität und Zuverlässigkeit signalisiert und auch bieten kann. Hier kann die Schweiz ihre traditionellen Stärken wie politische Stabilität, Sicherheit und Zuverlässigkeit ausspielen. Gleichzeitig braucht es aber auch eine hohe Flexibilität im Angebot, um auf mögliche Verwerfungen wie Sanktionen oder sich schnell ändernde Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Hierzu gehören auch Notfallpläne und Resilienzstrategien. Schliesslich müssen auch die Megatrends der Nachhaltigkeit und der Digitalisierung in allen Stufen der Wertschöpfungskette integriert werden.

Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Trotzdem: Wie stellen Sie sich den Schweizer Tourismus im Jahr 2030 vor?

Die Aussichten für den Schweizer Tourismus gegen Ende dieses Jahrzehnts erachte ich als vielversprechend, sofern es der Branche gelingt, ihre bereits erwähnten traditionellen Stärken mit Innovationen zu verbinden und so auf die vielfältigen Veränderungen im Bereich der technologischen Möglichkeiten, aber auch bei den Kundenbedürfnissen einzugehen.

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Am Hospitality Summit findet am 18. Juni von 13.45 bis 15.00 Uhr das Finanzforum der SGH in der Halle 550 statt. Es widmet sich kurz-, mittel- und langfristigen Finanzierungsfragen in der Beherbergungsbranche.

Branchenvertreter tauschen sich zusammen mit Experten über die aktuellen Herausforderungen aus und stellen Finanzierungsprojekte vor. 

Am 18. Juni spricht Daniel Kalt am Hospitality Summit über die Wirtschaftsaussichten und die Finanzmärkte.

hospitality-summit.ch/finanzforum