Als Student der Volkswirtschaft und Soziologie verdiente sich Fabrice Zumbrunnen ein Zubrot in einer Vinothek, was sein Interesse an der Önologie weckte. Ihn fasziniert die Vielfalt des Weins bis heute, wobei er Tropfen bevorzugt, die ein Terroir typisch widerspiegeln. Seit Mai führt der Ex-Migros-Chef die Firma Aevis Victoria mit Sitz in Freiburg und über 4000 Beschäftigten.

Aevis Victoria führt unter der Tochtergesellschaft Michel Reybier Hospitality zehn Luxushotels. Dazu gehören das renommierte Bellevue Palace in Bern sowie das Grandhotel Victoria-Jungfrau in Interlaken. Neben der 5-Sterne-Hotellerie ist das Unternehmen im Gesundheitswesen tätig. Die Abteilung Swiss Medical Network lancierte kürzlich eine integrierte Gesundheitsversorgung mit Beteiligung der Versicherungsgesellschaft Visana. Dieses Versicherungsmodell mit Pilotprojekt im Berner Jura soll in der ganzen Schweiz ausgerollt werden.

dies oder das?

Wein oder Bier?
Wein

Deutsch oder Französisch?
Französisch

Weekend im Hotel oder zu Hause?
Zu Hause

Salle de Musique in La Chaux-de-Fonds oder Zermatt Unplugged?
Salle de Musique in La Chaux-de-Fonds

Gesellschaftliche Verantwortung oder Gewinnmaximierung?
Gewinnoptimierung und gesellschaftliche Verantwortung

Fabrice Zumbrunnen, woraus schöpfen Sie Kraft?

Aus menschlichen Interaktionen. Sie geben mir neue Impulse und energetisieren mich. Aber auch aus der Begegnung mit der Kunst: Egal ob ich einem Streichquartett lausche oder ein Kapitel eines Romans lese, ich brauche das, um mich wirklich wohlzufühlen.

Wer ist Ihr berufliches Vorbild?

Ich habe keines. Mich inspirieren Künstler, Musiker, Schriftsteller, Philosophen oder Wissenschaftler.

Wer konkret?

Die «Essais» von Michel de Montaigne sind für mich eine endlose Inspirationsquelle. Er musste – auch gegen den eigenen Willen – politische Verantwortung in Kriegszeiten tragen. Vielleicht erklären die extremen Umstände, wie profund seine Reflexionen sind.

Wohin führte Ihre weiteste Reise?

Nach Japan. Die Insel war für mich und meine Familie lange Zeit eine Traumdestination. Diesen Traum haben wir uns im Jahr 2020 erfüllt. Mich begeistert die einmalige Ästhetik, die von Tanizaki als «Lob des Schattens» definiert wurde.

Welcher Karriereschritt hat Ihr Handeln verändert?

Die erste Managementaufgabe ist massgebend. In meinem Fall war es die Leitung eines Supermarktes. Ich habe Fehler gemacht, aber auch viel gelernt. Diese erste Erfahrung hat mir auch gezeigt, dass ich gerne Verantwortung trage – und wie faszinierend Teamarbeit sein kann.

Sowieso habe ich und brauche ich kein Büro mehr.

Nennen Sie bitte einen Fehler.
In der Tendenz hatte ich am Anfang meiner Karriere zu hohe Erwartungen an meine Teams. Ich habe gelernt, die Fähigkeiten, Kompetenzen, aber auch das Engagement und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit besser zu beurteilen.

Welcher persönliche Gegenstand steht in Ihrem Büro?

Keiner. Heute reichen ein Notebook und ein Mobiltelefon, um überall arbeiten zu können. Sowieso habe ich und brauche ich kein Büro mehr. 

Mit welcher Vision haben Sie bei Aevis begonnen?
Ich verschreibe mich der Vision unserer Gründer Antoine Hubert und Michel Reybier. Das Was ist also vorhanden, das Wie verlangt mein volles Engagement.

Konkret?

Im Bereich Hospitality geht es um eine Vision von Luxus und Gastfreundschaft, geprägt von Exzellenz, Authentizität und Einfachheit. Mit der Marke «La Réserve» streben wir an, die Referenz und der Treffpunkt für Ästheten zu werden. Im Gesundheitswesen wollen wir voll integrierte Versorgungsregionen in der ganzen Schweiz verwirklichen. Was ist das Ziel der integrierten Gesundheitsversorgung bei Aevis?Im Zentrum stehen die Kundeninteressen: von der Prävention bis zur Rehabilitation. Unser Ziel ist es, die Kunden gesund zu halten, sie gut zu pflegen und sie, wenn nötig, medizinisch richtig zu behandeln. In unserem Gesundheitsplan steckt viel Potenzial, was Qualität und Effizienz angeht. [RELATED]

Welchen Bereich wollen Sie in Zukunft stärken: Luxushotellerie oder Gesundheitswesen?
Wir erhoffen uns, gute Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren und weitere strategische Partner zu finden, die unsere Vision und unsere Ziele teilen. Beide Bereiche haben grosses Potenzial. Wachstum muss aber in erster Linie mit unseren eigenen Mitteln finanziert werden. Das bedeutet, dass kurzfristiges Wachstum nicht im Mittelpunkt steht, sondern die solide Weiterentwicklung unserer bestehenden Kliniken und Hotels.

Welche Luxushotels ergänzen in den kommenden fünf Jahren das Aevis-Portfolio?

Wir sind wählerisch. Destination, Lage, Hotel und Entwicklungsmöglichkeiten müssen unsere Kriterien erfüllen. Ausserdem steht bei der Weiterentwicklung der Marke «Michel Reybier» Qualität vor Quantität. Unsere Hotels haben noch grosses Potenzial, was uns kurzfristig weiterhin beschäftigen wird.

Welchen Wunsch würden Sie sich erfüllen, wenn Sie einen frei hätten?
Musikalisches Talent zu haben.