Sven Wassmer, als Sie mit den 3-Sterne-Köchen Peter Knögel, Franck Giovannini, Andreas Caminada sowie Kochlegende Gérard Rabaey auf der Bühne standen, sind Sie emotional geworden.
Das war ein gewaltiger Moment. Seit der Kochlehre wollte ich einer der besten Köche der Schweiz, wenn nicht sogar der Welt werden. Und dann kommt der Moment, wo man in eine weisse Kochjacke schlüpft, die drei Sterne hat. Dann stellt man fest, dass man nicht mehr zu den Spitzenköchen hochschaut, sondern ebenbürtig ist.
Haben Sie mit der Auszeichnung gerechnet?
Mein Herz schlägt für die neue alpine Schweizer Küche. Dafür, dass sich der Gast bei uns wie im eigenen Wohnzimmer fühlt. Alles ist transparent, die Küche ist offen – ich habe nichts zu verstecken. Aber dass es dann wirklich eintrifft, damit rechnete ich nicht. Es fühlt sich wirklich an wie der Einzug im kulinarischen Olymp – neben den ganz Grossen.
Was geschah nach der Bekanntgabe?
Einige der weltweit 138 Dreisterne-Köchinnen und -Köche haben mir geschrieben: Welcome to the Club. Das war ein einzigartiges Gefühl.
Wem widmen Sie den dritten Stern?
Meinem Team des «Memories», das tagtäglich mit viel Professionalität, Energie, Passion und enormem Ehrgeiz die Gäste auf höchstem Niveau kulinarisch und als Gastgeber verwöhnt. Aber auch meinen Vorgesetzten.
Sie haben im Vorfeld öffentlich gesagt, dass Sie auf einen dritten Stern hofften. Weshalb?
Ich durfte vor mehreren Jahren für 3-Sterne-Koch Daniel Humm kochen. Bei dieser Begegnung riet er mir, zu erzählen, wovon ich träumte. Er sagte, schrei es heraus, sonst hört dich niemand. Ich teilte meinen Traum gern. Ich finde, das ist auch menschlich. Und wenn dann ein so grosser Traum in Erfüllung geht, kann man es fast nicht glauben.
Ist Daniel Humm Ihr Vorbild?
Er inspiriert mich sehr. Er ist der Erste, der mit seiner veganen Küche drei Michelin-Sterne erkocht hat. Mir gefällt, dass er sich als Koch und Mensch immer wieder hinterfragt und sich weiterentwickelt. Er kommuniziert offen, auch in schwierigen Phasen. Ich lasse mich auch von Koch und Unternehmer Björn Franzién inspirieren. Bei ihm hatte ich eines meiner besten Esserlebnisse. Gewisse Designer und Künstler berühren mich auch.
Insgesamt wurden 36 Punkte vergeben, das ist viel.
Die Schweiz war auf der kulinarischen Landkarte schon immer gut vertreten. Es zeigt einmal mehr, welch hohe Qualität und wie viele junge talentierte Köche wir haben. Das freut mich, weil ich junge Leute motivieren will, ihren Weg zu gehen, dranzubleiben, egal, wie hart es ist.
Nur 2 von 30 neu ausgezeichneten 1-Stern-Küchen werden von Frauen geführt. Was unternehmen Sie, um mehr Frauen in die Küche zu bringen?
Ich achte darauf, wie mein Team miteinander umgeht und dass Lohngleichheit herrscht. Ich lebe Gleichberechtigung im Alltag vor, sodass auch Familienfrauen eine Chance auf Karriere haben. Ich helfe bei der Hausarbeit und schaue zu den Kindern. Meine Frau ist eine absolute Powerfrau. Ohne sie wäre ich nichts. Ich versuche meinen Beitrag zu leisten, dass sie so bleiben kann, wie sie ist.[RELATED]
Was mögen Sie an Ihrer unverwechselbaren alpinen Küche?
Dass sie gradlinig ist, immer beste Produkte verwendet und dass eine Klarheit herrscht. Sie kreiert eine Balance zwischen frischen, unbekannten Geschmäckern und bisherigen bekannten, an die der Gaumen anknüpfen kann. Essen ist emotional. Mein Essen transportiert die Emotionen, die ich möchte.
Bereits mit 35 Jahren drei Sterne: Welche Ziele bleiben da noch?
(lacht) Das muss ich erst einmal neu definieren. Ich bin dankbar, dass ich eine supertolle Frau und geniale Kinder habe. Mir geht es gut, wir sind gesund. Mit unserem Team machen wir tagtäglich viele Gäste glücklich. Das ist momentan das Höchste. Das Wichtigste ist, dass wir so weiterfahren wie bisher. Deshalb stand ich bereits am Tag nach der Feier wieder in der Küche. Unser Ziel ist es, die Gäste auf eine Reise mitzunehmen, neue Geschichten zu erzählen und an alte anzuknüpfen.