Mitte März hat der Bundesrat die Totalrevision der gesetzlichen Grundlage zur Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) in die Vernehmlassung geschickt. Nun könnte der Bund zwei wichtige Fördermittel zugunsten der Branche in die Tat umsetzen, denen das Parlament bereits grünes Licht gab:  Zum einen sollen auch städtische Hotelbetriebe von Darlehen der SGH profitieren können – bislang ist dies Betrieben in Bergebieten vorbehalten.

Zudem soll ein Impulsprogramm Hotels im Alpenraum mit A-fonds-perdu-Beiträgen bei der energetischen Sanierung unterstützen und damit die Modernisierung von Betrieben ermöglichen. HotellerieSuisse fordert denn auch, dass diese beiden Geschäfte nun im Zuge der SGH-Totalrevision umgesetzt werden. [RELATED] 

Verband: Bundeshaushalt wird nicht belastet
Beides lehnt der Bundesrat allerdings ab, wie er bei der Eröffnung der Vernehmlassung mitteilte. «Die vom Parlament zum Zeitpunkt der Überweisung der beiden Motionen wahrgenommene Dringlichkeit für eine zusätzliche Förderung ist dank Erholung des Tourismus seit der Covid-10-Pandemie heute nicht mehr gegeben», begründet der Bundesrat laut Mitteilung. Der Bund verfüge über keinen Spielraum für Mehrausgaben. 

Für die Ausweitung des SGH-Förderperimeters sieht der Bund deshalb keinen Ausbau der Mittel vor. Laut dem erläuternden Bericht zur Vernehmlassung müsste die Erhöhung des Darlehensbestandes aus liquiden Mitteln der SGH finanziert werden. Dies kritisiert der Verband HotellerieSuisse. Denn wenn die Mittel aufgebracht wären, müsste laut Bund eine Priorisierung bei der Kreditvergabe erfolgen: «Das Parlament hat klar gemacht, dass eine Erhöhung der finanziellen Mittel nötig ist, da die zusätzlich benötigten Ressourcen für die Stadthotellerie auf keinen Fall auf Kost der Berg- und Landbeherbergung erfolgen dürfen», sagt Nicole Brändle, Direktorin von HotellerieSuisse. «Doch auch bei einer Erhöhung der Mittel würde der Bundeshaushalt nicht direkt belastet, da es sich um Darlehen handelt, die zurückbezahlt werden müssen», so Brändle weiter. 

Ausserdem ist die SGH verpflichtet, eigenwirtschaftlich zu arbeiten, was das Risiko für den Bund reduziert. So musste der Bund seit der Inkraftsetzung der letzten SGH-Totalrevision 2003 noch nie SGH-Darlehenskapital abschreiben. Aus Sicht von HotellerieSuisse muss die SGH deshalb zwingend mit zusätzlichen Mitteln ausgerüstet werden.

Auch der Bundesrat muss sich die Frage stellen, welche Struktur er als erhaltenswert betrachtet.
Raphael Wyniger, inhabender Geschäftsführer des Hotels Teufelhof in Basel

HotellerieSuisse: individuelle Situation der Betriebe betrachten
Der Bundesrat argumentiert weiter, Untersuchungen hätten gezeigt, «dass Beherbergungsbetriebe in den Städten kaum Bedarf für Investitionsförderung haben.» Eine Ausweitung des Förderperimeters auf die ganze Schweiz sei somit nicht angezeigt. 

HotellerieSuisse widerspricht dieser Haltung. Aus Sicht des Verbands müsse heute jeder Beherbergungsbetrieb als Objekt für sich selbst betrachtet werden. Die Positionierung auf dem Markt, die Lage sowie die Finanzströme seien entscheidender für die Zukunft des Unternehmens als ihre Kategorisierung als Stadt- oder Bergbetrieb. Die gesetzliche Beschränkung, welche SGH-Darlehen nur an Betriebe in Fremdenverkehrsgebieten und Badekurorten erlaubt, trage den Herausforderungen der Beherbergungsbranche nicht Rechnung.

Aus Sicht des Verbandes ist das Impulsprogramm für Berghotels weiterhin dringlich. «Im Gegensatz zu den Behauptungen des Bundesrates bestanden die Probleme, die das Impulsprogramm angeht, bereits vor der Pandemie und wurden durch diese weiter verstärkt», sagt Nicole Brändle. «Seit der ursprünglich eingereichten Motion im Jahr 2013 hat die Schweiz mehrere Klimaabkommen – zuletzt dasjenige von Paris mit dem Netto-Null-Ziel im Jahre 2050 – unterzeichnet und ihren Willen zur Klimaneutralität gezeigt. Dies gilt es nun endlich mit allen Mitteln anzugehen», sagt Brändle.

Banken halten sich bei Krediten für Stadthotellerie zurück
Auch Raphael Wyniger, inhabender Geschäftsführer des Hotels Teufelhof in Basel, widerspricht der Auffassung des Bundes. «In Basel ist man weit weg von einer Erholung. Die Logiernächte sind wieder auf dem Niveau von 2019, die Auslastung der Betriebe liegt aber noch immer deutlich tiefer als vor der Pandemie.» In gewissen Regionen stehe der städtische Tourismus vor Herausforderungen, es brauche Massnahmen, um die Zukunftsfähigkeit der Schweizer Privathotellerie nachhaltig zu sichern.

Wyniger spürt seitens der Banken seit Corona eine gewisse Zurückhaltung. «Mit den Basisdaten, die der Markt beispielsweise in der Stadt Basel hergibt, sind die Finanzierungsmöglichkeiten derzeit eingeschränkt.» Dabei habe die Hotellerie in Basel-Stadt mit der kantonalen Klimaschutzstrategie «Netto-Null 2037» ein beträchtliches Investitionsvolumen zu bewältigen. «Auch der Bundesrat muss sich die Frage stellen, welche Struktur er als erhaltenswert betrachtet», sagt Wyniger. Es brauche eine diversifizierte Angebotsstruktur. 

Auch für das Hotel Teufelhof besteht aktuell Investitionsbedarf. «Wir sind daran zu evaluieren, was es braucht, damit unsere Altstadtliegenschaft wieder up-to-date ist.» 

Impulsprogramm für Hotelbetriebe in den Bergen
Lukas Kalbermatten ist Inhaber des Hotels Edelweiss in Blatten (VS) im Lötschental, das auf rund 1500 Meter über Meer liegt. Das Impulsprogramm für Hotelbetriebe in den Bergen erachtet er als «extrem wichtig», wie er auf Anfrage sagt.

Dass sich Investitionen positiv auf den Geschäftsgang auswirken, hat sich in seinem eigenen Betrieb gezeigt. 2017 konnte er sämtliche Zimmer in seinem Hotel mit einer Investition von 1,27 Millionen Franken erneuern. Die SGH beteiligte sich mit einem – verzinslichen – Darlehen in der Höhe von 410‘000 Franken. Dies wiederum bewirkte, dass sich der Kanton mit 310‘000 Franken in Form eines zinslosen NRP-Darlehens engagierte. 

Von der Rückkehr der ausländischen Gäste profitieren vor allem die grossen Destinationen.
Lukas Kalbermatten, Inhaber des Hotels Edelweiss in Blatten


«Förderbeitrag wäre ideal»
Inzwischen steht die nächste Sanierung an: 140 Meter Geländer aus dem Jahr 1970 an der Fassade der Liegenschaft in Hanglage muss der Hotelier erneuern lassen. Geplant ist, dass Solarpanels mit einer jährlichen Leistung vom 22 Megawatt installiert werden. Gemäss Offerten wird dies 230‘000 Franken kosten. Die Mehrkosten zum herkömmlichen Geländer werden ca. 70‘000 Franken betragen. Ein Förderbeitrag wäre aus seiner Sicht also ideal, um die zusätzliche Investition tätigen zu können. Einstweilen wird er nach einer Lösung suchen, wie er die Erneuerung aus mehreren Quellen finanzieren kann. 

Dass sich die Schweizer Hotellerie erholt habe und die Förderung der Hotellerie somit nicht mehr dringlich sei, greift für Kalbermatten zu kurz. «Das ist eine kurzfristige Sicht. Kleinere Destinationen wie das Lötschen- oder Binntal haben zwischenzeitlich vom Zulauf der Schweizer Gäste profitiert. «Inzwischen reisen die Schweizer Gäste wieder ins Ausland. Von der Rückkehr der ausländischen Gäste profitieren vor allem die grossen Destinationen.»

Die kleineren Destinationen kommen hingegen laut Kalbermatten unter Druck, weil Gäste aus Deutschland und den Benelux-Staaten mit dem schwachen Euro weniger oder gar nicht mehr in der Schweiz buchen. Kalbermatten beobachtet dies im eigenen Betrieb. Zum einen sei der Sitzplatzumsatz zurückgegangen. «Stammgäste aus der EU stornieren oder buchen zwei Nächte weniger als in früheren Jahren.»

Nicht nur touristische Städte
Kalbermatten kann auch «ein Stück weit den Groll der Stadthotellerie verstehen», wie er sagt. Er befürwortet denn auch die Ausweitung des Förderperimeters zugunsten der Stadthotellerie. Schliesslich gebe es nicht nur touristische Städte, die sich über regen Besuch aus Asien und den USA freuen können, sondern auch Liestal oder Biel. «Ich verstehe es, dass die Expertise der SGH für die ganze Schweiz zur Verfügung stehen sollte», sagt Kalbermatten. 

Der Bund betreibe schliesslich bislang im Bereich Hotellerie neben dem Mwst.-Sondersatz nicht im Übermass Wirschaftsförderung. «Der Bund stellt der SGH Kapital zur Verfügung und übernimmt Verluste. Die Unterstützung der SHG erfolgt durch verzinsliche Darlehen, es sind keine Subventionen.» 

Darum geht es in den beiden Motionen

SGH-Darlehen auch für die Stadthotellerie: Bisher war die Unterstützung durch Hotelkredite auf klassische Feriendestinationen beschränkt. Das Parlament hat mit der Annahme der Motion 22.3021 «Gleich lange Spiesse für städtische Individualbetriebe in der Hotellerie» 2022 entschieden, dass künftig auch Stadthotels von SGH-Krediten profitieren sollen. Es hat damit anerkannt, dass die aktuell definierten Fremdenverkehrsgebiete und der daraus resultierende Förderperimeter der SGH nicht mehr zeitgemäss sind. Sie stehen im Widerspruch zu den Bemühungen der Destinationen und der Tourismusstrategie des Bundes, den Ganzjahrestourismus zu fördern.

Impulsprogramm energetische Sanierung: Im September 2021 verabschiedete das Parlament eine Motion von Ständerat Hans Stöckli 19.3234 «Impulsprogramm für die Sanierung von Beherbergungsbetrieben im alpinen Raum». Diese schuf die rechtliche Grundlage, um Betriebe in Berggebieten bei der energetischen Sanierung ihrer Gebäude zu unterstützen. Daraufhin entwickelte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Zusammenarbeit mit Experten ein Programm, das die Umsetzung dieses Vorstosses innerhalb der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) vorsieht.