In den Spitälern zeigt sich dieser Trend jedoch noch nicht. Noch immer liegen rund 400 Menschen mit schweren Verläufen auf der Intensivstation.
Das sagte Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit im Bundesamt für Gesundheit, am Dienstag vor den Bundeshausmedien. Insgesamt liegen derzeit rund 3000 Erkrankte im Spital.
Diese Zahl ist von grosser Bedeutung, da sie Aufschluss gibt über die tatsächliche Verbreitung des Virus. Darüber gibt es derzeit nur Schätzungen, weil die Zahl der festgestellten Fälle stark von der Anzahl durchgeführter Tests abhängt. In der Schweiz wurden bisher knapp 26'000 Personen positiv getestet, die Zahl der Infektionen wird aber auf 100'000 bis 300'000 geschätzt.
Die Bedeutung der Anzahl Tests zeigt sich auch in den jüngsten Zahlen des BAG. In den letzten 24 Stunden sind lediglich 254 neue Fälle festgestellt worden. Das ist eine Halbierung gegenüber Ende letzter Woche. Laut Mathys hat das aber vor allem damit zu tun, dass über Ostern sehr wenig getestet wurde.
Ein Trend – keine Prognose
Er zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass sich die Ausbreitung des Virus stabilisiert hat oder sogar zurückgeht. Darauf deuteten auch verschiedene Modellrechnungen hin. Das sei aber ein Trend und keine Prognose. Kommende Woche werde man klarer sehen, wo die Schweiz in dieser Epidemie tatsächlich stehe.
Am Donnerstag entscheidet der Bundesrat, welche Massnahmen in den nächsten Wochen gelockert werden können. Es werde ein «Herantasten» sein, damit die Fallzahlen nicht wieder in die Höhe schnellten, sagte Mathys. Die Meinung der Wissenschaftler, welche Massnahmen zuerst gelockert werden könnten, gingen teilweise weit auseinander.[RELATED]
Masken werden ein Thema
Im Zusammenhang mit der Lockerung sind auch Begleitmassnahmen ein Thema. Dazu könnte eine Pflicht zum Tragen von Masken gehören, wie sie aktuell in Österreich gilt. Die vom BAG empfohlenen Hygienemassnahmen seien am wirkungsvollsten, hielt Mathys fest. Masken könnten aber dazu beitragen, das Coronavirus zu kontrollieren.
Bisher hatte sich das BAG auf den Standpunkt gestellt, dass Masken wenig nützten zum Schutz gegen das Coronavirus. Ein Grund dafür dürfte der Mangel an Schutzmasken sein. Sogar in Spitälern fehlte es zeitweise an Schutzausrüstung.
Engpässe zeichnen sich auch bei Medikamenten für die Intensivpflege ab, wie Mathys bestätigte. Aktuell gebe es zwar eine gewisse Entspannung, doch langfristig sei das ein «riesiges Problem». Der Bund versuche, die essenziellen Medikamente auf dem internationalen Markt zu beschaffen, doch diese seien weltweit gefragt. «Grundsätzlich ist die Lage angespannt», stellte Mathys fest.
Via Medien dankte er den Schweizerinnen und Schweizern für die Disziplin über die Ostertage – trotz des sehr verlockenden Wetters. Die Bevölkerung habe verstanden, dass jeder und jede einen Beitrag leisten müsse, wenn es darum gehe, das Coronavirus zu bekämpfen.
Berset warnt vor Ungewissheit
Die Schweiz habe die erste Pandemie-Phase «nicht so schlecht gemeistert», sagte Innen- und Gesundheitsminister Alain Berset nach einem Treffen mit der Berner Kantonsregierung. Doch das sei nur der Anfang gewesen. Weitere Etappen stünden bevor – und es sei ungewiss, was noch komme.
«Nun werden wir in eine Transitionsphase übergehen», sagte Berset. Der Schutz der Gesundheit bleibe oberste Priorität, wenn es darum gehe, einen gangbaren Weg für die Schweiz und die Gesellschaft zu finden.
Armee erlaubt wieder Urlaub
Bereits in Planung ist der Übergang in die Normalität bei der Armee. Diese Phase sei mindestens genauso heikel wie die Mobilisierung, sagte Brigadier Raynald Droz vor den Medien. Denn damit werde die Verantwortung wieder vollumfänglich an die Organisationen im Gesundheitssystem übergeben. Dieser Schritt sei nur im Einverständnis aller Partner möglich.
Nach Angaben von Droz ist die Armee derzeit in fünfzig Spitälern in der ganzen Schweiz im Einsatz. Die Präsenz der Armee ist in den Kantonen Genf, Tessin, Waadt, Wallis, Graubünden, Neuenburg und Glarus am grössten. Ab sofort ist nun wenigstens der Urlaub für die Soldaten wieder möglich. «Ab heute schicken wir die Soldaten wieder nach Hause», sagte Droz.
1,4 Millionen Franken für Sondersession
Ebenfalls in Vorbereitung befindet sich die ausserordentliche Session der Eidgenössischen Räte in den Hallen des Berner Messegeländes Bernexpo. Der Aufbau beginnt nächste Woche. Ab dem 4. Mai wird den Parlamentariern für ihre Beratungen zur Bewältigung der Coronavirus-Krise eine Fläche von der Grösse eines Fussballfeldes zur Verfügung stehen.
Der logistische Aufwand dafür ist gewaltig, und entsprechend hoch sind auch die Kosten für die einwöchige Session: Diese könnten sich insgesamt auf rund 1,5 Millionen Franken belaufen.
Doch das ist der Preis dafür, dass das Parlament wieder das Heft in die Hand nehmen kann, ohne dass dessen Mitglieder ihre Gesundheit gefährden müssen. Seit einem Monat regiert der Bundesrat nun per Notrecht. An der ausserordentlichen Session soll das Parlament seine Entscheide absegnen. Die Weisungen des Bundesamts für Gesundheit sollen dabei eingehalten werden. (sda)