Die finanzielle Lage etlicher Seilbahnbetriebe in der Schweiz ist angespannt. Da den Seilbahnen eine Scharnierfunktion zukommt, ist davon der ganze alpine Raum stark betroffen. Mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses hat sich diese angespannte Lage noch verschärft. Über 100 Experten aus der Seilbahnbranche und der Regionalentwicklung nahmen an der Tagung vom Donnerstag in Bern teil und zeigten vor diesem schwierigen wirtschaftlichen Hintergrund Lösungsansätze auf.
Spezialisierung auf bestimmtes Segment
Ein interessantes Modell wurde von Lionel Eperon, Leiter des Amtes fürWirtschaftsentwicklung und Gewerbe des Kantons Waadt, aufgezeigt. UnterFederführung des Kantons wurde für die Waadtländer Alpen ein regionalkoordiniertes Vorgehen gewählt. Die einzelnen Destinationen spezialisieren sich aufein bestimmtes Segment (z.B. alpin oder nordisch) statt sich durch austauschbareAngebote gegenseitig zu konkurrenzieren. Die Waadtländer Alpen treten nachAussen als Region einheitlich auf. Die Zahl der Verkehrsvereine konnte von neun auffünf reduziert werden und jene der Bergbahnunternehmen von 13 auf fünf.
Dadurchkönnen einerseits Kosten eingespart werden, andererseits sind die verbleibendenUnternehmen grösser und dadurch konkurrenzfähiger. Der Kanton konnte durch entsprechende finanzielle Anreize eineführende Rolle einnehmen. Nach einemMoratorium der Seilbahnfinanzierung im Jahr 2011 wurden wieder neueFinanzierungen gewährt unter der Voraussetzung, dass sich die Unternehmen beimneuen, regionalen Ansatz beteiligen.
Dank Kooperation kantonale Subventionen
Ebenfalls eine sehr starke Rolle spielt der Kanton im Fall von Freiburg. DieBergbahnen in den Freiburger Alpen standen und stehen vor erheblichemErneuerungsbedarf. Betroffen sind insbesondere die fünf BergbahngesellschaftenCharmey, Moléson, Jaun, La Berra und Schwarzsee.
Diese Unternehmen wurden inder Freiburger Seilbahnen AG unter dem Präsidium von Philippe Menoudzusammengefasst. Auf Grund ihrer grossen Bedeutung für den kantonalenTourismus steuert der Kanton 49 Prozent des Aktienkapitals bei. Weitere 25 Prozent stammenvon den regionalen Gebietskörperschaften. Dank dieser weitreichendenUnterstützung der öffentlichen Hand war eine Modernisierung der Bergbahnenmöglich. Die Bahnen sind nun wieder konkurrenzfähig.
Innovationen über Innotour und KTI finanzieren
Von einer derart weitreichenden Unterstützung durch die öffentliche Hand sind dieWalliser Bergbahnen weit entfernt. Gemäss Berno Stoffel, Vizepräsident der WalliserBergbahnen, liegt der Anteil der kantonalen Unterstützung im Wallis bei rund 15 Prozent,respektive 27 Mio. Franken pro Jahr. Der Investitionsbedarf für die Erneuerung derbestehenden Bahnen wird demgegenüber auf 1 Mrd. Franken geschätzt. Aktuell werdenaber nur rund 200 Mio. Franken jährlich investiert.
Das Wallis verliert so laufend anKonkurrenzfähigkeit, auch gegenüber dem benachbarten Ausland. Berno Stoffelforderte denn auch an der Tagung gleich mehrere Korrekturen: Für die Bergbahnensei eine Rückerstattung auf den Stromkosten von 5 Rappen pro kWh zu gewähren;Innovationen in den Bergbahnen müssten über Innotour und die KTI finanziertwerden; die Unterstützung des Kantons sei substanziell zu erhöhen und der Kantonsolle zudem die Erstellung eines Masterplanes für die Bergbahnen mitfinanzieren.
Bankkredite nur bei langfristiger Rentabilität
Neben der öffentlichen Hand spielen die Banken bei der Bergbahnfinanzierung eineentscheidende Rolle. Mario Kalbermatter, Leiter der Region Oberwallis der WalliserKantonalbank zeigte dies eindrücklich anhand einiger Kennzahlen und Fallbeispieleauf.
Die Banken werden nur einsteigen, wenn die Bahnen langfristig rentabel sind.Ein Weg dazu sind Zusammenschlüsse von Bergbahnen wie sie in Zermatt vollzogenwurden. Dank dem Zusammenschluss im Jahr 2002 von drei vormals getrenntenBahnunternehmen zu den Zermatt Bergbahnen, konnte der Umsatz um die Hälftegesteigert und der Cash Flow fast verdoppelt werden.
Entsprechend stehen mehrMittel für Investitionen zur Verfügung. Von den 357 Mio. Franken an Investitionen, welcheseit 2002 getätigt wurden, konnten 280 Mio. Franken aus eigenen Mitteln finanziert werdenund nur 77 Mio. Franken mussten auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden.
Willkommenes Impulsprogramm
Seitens des Bundes wurde im Februar 2015 ein Impulsprogramm zur Abfederung derAuswirkungen der Zweitwohnungsinitiative präsentiert. Das Impulsprogramm siehtunter anderem vor, dass über die Regionalpolitik des Bundes 200 Mio. Frankenzweckgebunden zur Bewältigung des Strukturwandels im Tourismus bereit gestelltwerden. Diese Mittel sind willkommen, um auch auf dieAuswirkungen der Aufhebung des Euro-Mindestkurses zu reagieren.
Valérie Donzelund Richard Kämpf vom Seco zeigten sich an der Tagung überzeugt, dass vondiesem Impulsprogramm auch die Bergbahnen massgeblich profitieren können. Mitdem Impulsprogramm soll aber nicht einfach Strukturerhaltung betrieben werden.Gefördert werden sollen vielmehr Projekte, die in eine klare Destinationsstrategieeingebunden sind und die Attraktivität der Destinationen steigern. Als konkretes Beispiel aus der Vergangenheit gilt die CabriO-Bahn Stanserhorn.
Mit demImpulsprogramm sollen zudem verstärkt Kooperationen unter den Bahnen und mitanderen Leistungsträgern gefördert werden. Auch der Aspekt der Innovationen, wie sie Berno Stoffel ansprach, soll durch zusätzliche Mittel bei Innotour gebührendberücksichtigt werden. Das Impulsprogramm unterstützt damit den integriertenregionalen Ansatz, wie er als Thema der vorliegenden Tagung gewählt wurde.
Task Force zur Seilbahnfinanzierung
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB und SeilbahnenSchweiz wollen die Suche nach Lösungsansätzen zum Thema derSeilbahnfinanzierung auch über die Tagung hinaus weiter führen.
UnterFederführung der SAB soll eine Task Force eingesetzt werden, welche sichGedanken macht über die langfristige Ausrichtung des alpinen Tourismusinsbesondere in den vielen kleineren und mittleren Destinationen. (htr/ad/npa)