Die Schweizer Tourismusbranche versprüht vorsichtigen Optimismus. Während das Zwischenfazit für die Sommersaison positiv ausfällt, bleibt die Branche für den Herbst zurückhaltend gestimmt. Eine Umfrage des Branchenverbands Schweiz Tourismus (ST) von Anfang August zeige, dass immer noch ein grosses Interesse an Ferien in der Schweiz bestehe, erklärte ST-Direktor Martin Nydegger an einer Medienkonferenz am Donnerstag in Zürich. Gemäss der Zwischenbilanz verbrachten bisher zwar weniger Schweizer Gäste ihre Ferien im eigenen Land als im Rekordsommer 2021, dafür seien wieder vermehrt ausländische Gäste für ihre Sommerferien in die Schweiz gereist.
Konkret geht die Branchenschätzung im Vergleich zum Vorjahr für die Periode von Juni bis August insgesamt von einem Wachstum von 3 Prozent bei den Übernachtungen und sogar von 12 Prozent bei den Besucherzahlen etwa von Bergbahnen, Museen oder auch Gastronomiebetreiben aus. Wenig überraschend habe sich aber auch klar gezeigt, dass es Einheimische wieder stärker ins Ausland gezogen habe.
Die Sommerbilanz bei den ausländischen Gästen bleibt indes im Vergleich zu Zeiten vor Corona immer noch negativ: "Es zeichnet sich aber auch hier Licht am Ende des Tunnels ab", zeigte sich Nydegger erfreut. Es fehle zwar noch «viel» bis zur Rückkehr zu den Zahlen von 2019. Vor allem das Klientel aus den grossen asiatischen Märkten wie China, Indien oder Korea bleibe nach wie vor fast gänzlich fern.
Auch seien Gäste aus Italien, Spanien oder Grossbritannien sowie aus Übersee immer noch rar. Dafür sehe es momentan aber bei Gästen aus Frankreich, Deutschland oder den Benelux-Staaten wieder besser aus.
Noch im Krisenmodus
Generell befinde sich die Branche aber immer noch im Krisenmodus:
«Die Krisen lösen sich nicht mehr ab, sondern häufen sich», konstatiert Nydegger. Als Beispiele nennt er die nach wie vor schwelende Pandemie, die Unsicherheiten bezüglich Energieversorgung und Lieferketten, den Fachkräftemangel sowie Währungs- und Inflationssorgen. «Der Schweizer Tourismus steht aktuell von vielen Seiten her unter Druck», gab sich der ST-Direktor trotz den jüngsten Lichtblicke ernüchtert. Es sei ein so «nie gekanntes, hartes Umfeld» für die Branche.
So bleibe auch für den Herbst ein fahler Beigeschmack. Denn die von ST befragten Tourismusfachleute hätten sich zur Herbstsaison zurückhaltend geäussert. Man erwarte verhaltene Zuwachsraten von höchstens 5 Prozent gegenüber dem Herbst 2021. «Generell rechnen wir damit, dass wir erst ab 2024 wieder bei 100 Prozent oder mehr landen gegenüber den Zahlen von 2019», fasste Nydegger zusammen. (sda/bb)
Martin Nydegger: «Krisen lösen sich nicht mehr ab, sondern häufen sich»
Trotz etwas Optimismus kämpft die Branche mit acht Krisen gleichzeitig. Martin Nydegger zählte diese zu Beginn der Medienkonferenz auf:
1. schwelenden Pandemie
2. Unsicherheiten bezüglich Energieversorgung
3. Unzuverlässige Lieferketten
4. Fachkräftemangel
5. Klimawandel mit Hitzewellen und Trockenheit
6. Krieg in Europa
7. Währungssorgen
8. Inflation
Der Schweizer Tourismus ist aktuell von vielen Seiten unter Druck. «Die Herausforderungen häufen sich an, anstatt sich abzulösen. Ein nie gekanntes und hartes Umfeld für unsere Branche», stellt Martin Nydegger fest.