Schlagzeilen über Produkte, die Schweizer im Ausland viel billiger bekommen als daheim, ärgern Direktor Kaspar Engeli. Hauptursache für den starken Franken seien Strukturprobleme im Ausland. Diese könne die Schweiz nicht lösen, sie müsse aber ihre Stärken nutzen und Hausaufgaben machen. Damit meint er mehr Freiheit für den Handel.

Die laufend ergänzte «Weisse Liste» soll nun zeigen, dass auch die Schweiz attraktive Preise kenne. So weist sie etwa für bestimmte Gewürze über dreifache Preise in Deutschland aus, dies jeweils bei Internethändlern. Günstiger als bei genannten deutschen Anbietern seien in der Schweiz teils auch Elektronik, Kaffee oder Bioprodukte.

Nicht am Freihandel schrauben
Teuer seien Handelsprodukte in der Schweiz beispielsweise wegen unnötiger hiesiger Deklarationsvorschriften, wie Engeli anhand von Fischermans-Friend-Pastillen, Redbull-Dosen und Filtervorschriften für Baumaschinen erläuterte. Der Schweizer Markt sei zu klein, um von ausländischen Grossherstellern Extrawürste zu verlangen.

Engeli sprach sich trotz des Einkaufstourismus' aber für die Beibehaltung der 300-Franken-Freigrenze für persönliche Importe aus. Man dürfe «nicht schrauben am Freihandel!» Höhere Preise lägen unter anderem oft an höheren Schweizer Löhnen und kalkulatorischem sowie am Preisdiktat ausländischer Hersteller. Der Service der Händler sei einzubeziehen.

Im Wesentlichen fordert der Handel etwa dasselbe wie andere Verbände und bürgerliche Parteien: ausnahmslose Anwendung des Cassis-de-Dijon-Prinzips, freie Parallelimporte, Abbau technischer Handelshemmnisse, mehr Freihandelsabkommen, Agrarfreihandel, Subventionsabbau sowie längere Ladenöffnungszeiten.

BRIC-Märkte als Grosschancen
Die SP-Forderung nach einer Verschärfung des Kartellgesetzes lehnt Engeli als nicht praktikabel ab: Schweizer Behörden bekämen die zum sauberen Vergleich nötigen Informationen im Ausland schlicht nicht. Es wäre Unsinn, so Preisdumping zu importieren, wenn gleichzeitig nicht einmal gegen Lohndumping etwa auf dem Bau vorgegangen wird.

Der neue Handelsverbands-Präsident Jean-Marc Probst, Baumaschinenhändler aus der Waadt, rechnet ferner mit weiterer Verlagerung von Produktions- Arbeitsplätzen nach Asien. Dafür biete etwa China als Riesenland auch eine Riesenchance als Absatzmarkt für Schweizer Produkte – wenn der Freihandel klappt.

Im Übrigen unterstützte Engeli die Einschätzung von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, dass internationale Rohstoffkonzerne mit Sitz in der Schweiz ein Risiko seien für die Beziehungen zum Ausland.

Konsumentenschützer im Kampf gegen Hochpreisinsel Schweiz
Bereits am Dienstag lancierten die Schweizer Konsumentenschützer den preisbarometer.ch, eine Internetseite die die Preise von Markenprodukten in der Schweiz und im benachbarten Ausland vergleicht.

Die Erstellung des Preisbarometers erfolgte im Auftrag des Bundes. Bund und Parlament hatten im Jahr 2011 Massnahmen zur Abfederung der Folgen der Frankenstärke beschlossen. Die Kosten für die Schaffung der Barometers beliefen sich auf rund 500'000 Franken.

Die Internetseite soll noch bis mindestens im Jahr 2014 bestehen und so einen Trend angeben können. Die Preise werden alle sechs Monate neu erhoben. In die Warenkörbe, die miteinander verglichen werden, gelangen nur Markenprodukte und Eigenmarken, welche über die Landesgrenzen verkauft werden.

Der Preisbarometer wird von den vier Konsumentenschutzorganisation der Schweiz getragen (Stiftung für Konsumentenschutz, Konsumentenforum, Fédération romande des consommateurs, Associazione consumatrici e consumatori delle Svizzera italiana). Das Eidg. Büro für Konsumentenfragen unterstützt die Organisationen.

Gewerbeverband: «Barometer informiert falsch»
Keine Freude am Preisbarometer hat der Schweizerische Gewerbeverband. Der Barometer informiere falsch, weil er nicht alle Kosten erfasse, teilte der Verband mit. So fehlten etwa die Wegkosten der Einkaufstouristen. Auch würden Angebote wie Aktionen, Sortiment, Service und Garantieleistungen nicht berücksichtigt, kritisiert der Verband und fordert deshalb die «vollständige Überarbeitung» der Internetseite.

Politisch müsse geklärt werden, wie der Bund dazu komme,derart «leichtfertig und unprofessionell Steuergelder zuverschleudern». In seiner jetzigen Form heize der Barometer denEinkaufstourismus an, findet der Verband. (npa/sda)