Mit Wolfsafaris und hochpreisigen Übernachtungs- und Kulinarikangeboten in der Wildnis liesse sich in der Schweiz ein Geschäft machen – so war es vergangene Woche in der Sonntagspresse zu lesen. Eine Studie des Beratungsbüros von Jürg Schmid, dem früheren Schweiz-Tourismus-Chef, zeigt auf, dass das Potenzial des sogenannten Ökotourismus in der Schweiz unterschätzt wird.
An den Segen von Wolfsafaris glaubt wohl auch Jürg Schmid nicht. In der Studie selber ist denn auch nicht von Safaritouren die Rede, sondern vom «Pirschen durch den Wald mit Wolfsexperten». Aber immerhin, wohl dank dem knackigen Aufhänger kommt ein wichtiges Thema auf den Sonntagsfrühstückstisch von Herrn und Frau Schweizer: die Bedeutung von Natur und Landschaft für den Schweizer Tourismus. Ein namhafter Touristiker sagt es deutsch und deutlich: Mit dem schleichenden Qualitätsverlust der Landschaft verlieren wir unser Kapital, durch den achtlosen Umgang mit intakter Natur sägen wir an unserem eigenen Ast. Diese Einschätzung von Jürg Schmid teilen wir als Netzwerk Schweizer Pärke vollumfänglich.
«Der Ökotourismus friste ein Mauerblümchendasein, so die These.»
Schmid spart in seiner Studie nicht mit Kritik in Richtung touristische Player. Diese müssten sich des Potenzials der Landschaft bewusster werden. Der Ökotourismus friste ein Mauerblümchendasein, so die These. Ein besonderes Augenmerk richtet er auf die Schweizer Pärke: Diese verfügten zwar über schöne Natur und Landschaft, gewichteten jedoch die Tourismusförderung zu wenig. Dieser Behauptung halten wir folgende Zahlen und Fakten entgegen: Über 200 regionale und nationale Angebote wurden seit 2010 mit der Unterstützung von Innotour entwickelt.
Eine ETH-Studie, die 2018 in vier Naturpärken durchgeführt wurde, belegt, dass die parkinduzierte touristische Wertschöpfung beträchtlich ist: Im Naturpark Gantrisch beispielsweise beträgt diese jährlich 7,3 Millionen Franken. Und noch eine Zahl zu den touristischen Angeboten: Allein im vergangenen Juli wurden über die Website der Schweizer Pärke 180 Exkursionen angeboten, namentlich botanische Wanderungen, Wildtierbeobachtungen, Naturerlebnisnachmittage, Erkundungen mit Parkguides, mehrtägige Trekkings, kulinarische Erlebnisse – Wolfsafaris werden da schlicht obsolet.
«Wir Schweizer Pärke möchten die Gäste für Natur und Landschaft begeistern, aber auch für deren Verletzlichkeit sensibilisieren.»
Einem Kritikpunkt am Parktourismus widersprechen wir nicht: Die Angebote in den Pärken gehören kaum zum Hochpreissegment. Die Herausforderung, zusammen mit Touristikerinnen und Touristikern in diesem Bereich nach innovativen und nachhaltigen Lösungen zu suchen, nehmen wir gerne an. Auch wenn unser Schwerpunkt weiterhin darin liegen wird, Tourismusangebote zu entwickeln, die für alle erschwinglich sind.
Wir Schweizer Pärke möchten die Gäste für Natur und Landschaft begeistern, aber auch für deren Verletzlichkeit sensibilisieren. Mit regionalen Produkten, kulturellen Angeboten, typischer Gastronomie, authentischen Übernachtungsmöglichkeiten, aussichtsreichen ÖV-Linien und zahlreichen Exkursionen wollen wir Wertschöpfung generieren, die in der Region bleibt und für die Bevölkerung einen Mehrwert bedeutet. Das ist für uns wirklicher Ökotourismus. Unser Schwerpunkt liegt darin, Tourismusangebote zu entwickeln, die für alle erschwinglich sind.
Dominique Weissen Abgottspon ist Geschäftsführerin des Netzwerks Schweizer Pärke.