Für Steffi Burkhart ist es eine Herzensangelegenheit, sich für die Bedürfnisse, Fragen und Ängste junger Menschen einzusetzen. «Sie sorgen für einen Kultur- und Wertewandel in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur – sie sind unsere Zukunft», sagt die Kölnerin. Am 15. Juni referiert Deutschlands bekannteste Millennials-Expertin am Hospitality Summit von HotellerieSuisse in Zürich-Oerlikon.
Burkhart plädiert für mehr Generationen- und Geschlechtermix in Unternehmen. In nicht mehr allzu ferner Zukunft ist der Mangel an Arbeitskräften laut der Generationenforscherin die grösste Wachstumshürde. «Arbeitskraft wird zum mangelnden Rohstoff der Zukunft.» Heute zeichne sich der «Kampf um Talente» unter den Unternehmen weltweit ab. Darauf vorbereitet scheint kaum jemand zu sein. Obwohl der «War for talent» bereits vor 20 Jahren von der international renommierten Unternehmensberatung McKinsey prognostiziert worden ist.
Austausch und Dialog statt Burger und Bier
Ein gesamtheitliches Umdenken sei notwendig, sagt Burkhart, denn: «Motivierte und talentierte Mitarbeitende werden zum wichtigsten Kapital einer Organisation und unseres Landes.» Während die Politik schlafe, wache die Wirtschaft erst allmählich auf. Für die Folgen ihrer Versäumnisse findet Burkhart klare Worte: «Fehlender Nachwuchs bremst unsere Unternehmen in Performance, Umsatz und Wachstum aus.»
Mögliche Lösungsansätze sieht Steffi Burkhart einerseits in der erhöhten Flexibilität der eigenen Betriebsstrukturen, andererseits auch in einer Jugendquote – in Politik und Wirtschaft und auf allen Etagen, bis in die Geschäftsleitungen. Bislang fehle den Millennials das Mitspracherecht. «Der Entscheider-Prototyp ist männlich, älter als 50 Jahre und sehr konservativ. Es fehlt an Denk-Diversität.» Ein Diskurs auf Augenhöhe finde nicht statt. Burkharts Forderung: «Die Regierung auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene muss endlich anfangen, mit uns in einen echten Dialog zu treten, statt nur Jugendverbände oder Jugendvertreter einmal im Jahr zu Craft-Bier und Burger einzuladen und einzulullen.»
Meine Generation will Wow-Momente on top, so viele wie möglich.
Diese gelebte Partizipation führe dereinst zu Netzwerken statt Hierarchien. Richtig genutzt sieht Burkhart in diesen neuen Organisationen ein grosses Potenzial für agile und zukunftsfähige Unternehmen. Im besten Fall mit «Multi-Generationen-Büros», wo Mikromanagement ein Fremdwort ist, Leadership aber grossgeschrieben wird.
Für Steffi Burkhart ist Führung eine Frage der Persönlichkeit und nicht der zur Verfügung stehenden Tools. «Es reicht heute nicht mehr aus, nur Compliance zu erzeugen – heute geht es um Commitment. Und das geht langfristig nur, wenn man Menschen wirklich mag.» Führung ist somit People-Business. Als dessen Expertin hat die Hospitalitybranche demnach beste Voraussetzungen, Zeichen zu setzen.
Nicht nur die Arbeits-, sondern auch die Kaufkraft von morgen
Noch nie habe es so viele gut ausgebildete junge Leute gegeben wie heute, die so viele Praktika gemacht und Auslandserfahrungen gesammelt hätten, sagt Burkhart. Deshalb handle es sich bei den Millennials um die leistungsorientierteste Generation aller Zeiten. Bekanntlich werfen die Gen-Y- und Z-Vertreter alte Statussymbole gerne über Bord. Die Work-Life-Balance nimmt für sie eine zentrale Rolle ein. Was wiederum die Übergangsphase von der Produkt- und Dienstleistungsökonomie zur Erlebnisökonomie erklärt.
«Meine Generation will Wow-Momente on top, so viele wie möglich und hochgradig individualisiert», sagt die 37-Jährige. Anbieter sollten sich deshalb die Frage stellen: «Welche Services kann ich meinen Kunden bieten, die das Digitale nicht liefern kann?» Burkhart sieht den Wert einer Marke in den Emotionen, den sensorischen Erfahrungen und dem persönlichen Kontakt. Sie rät: «Fokussieren Sie sich auf positive Emotionen, auf grossartige Erlebnisse und Wow-Momente für Ihre Kunden. Millennials sind Sensation-Seeker.» Wer sein Geschäftsmodell nicht nach erlebniswirtschaftlichen Kriterien umstelle, werde im Konkurrenzkampf untergehen, prophezeit die deutsche Millennials-Expertin.
Alte Denkmuster über Bord werfen und neue Skillsets fördern
Teamwork, Kreativität, soziale Intelligenz, Selbstkompetenz und digitale Kompetenz gehören zu den Arbeitsrequisiten für den Erfolg von morgen. Steffi Burkhart plädiert deshalb für mehr Potenzialentfaltung an Schulen, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Sie sieht es als unsere Aufgabe, gängige Denkmuster und Ratschläge zu überdenken, statt am herkömmlichen Leistungsvergleich und Belohnungssystem festzuhalten. «Wir müssen junge Menschen dazu befähigen, mit und neben Maschinen zu arbeiten, die immer intelligenter, immer stärker vernetzt sein werden, statt zu glauben, mit ihnen konkurrieren zu müssen. Denn diesen Konkurrenzkampf werden wir verlieren – definitiv.»
Die Starke Stimme der Millennials
Die 37-jährige Steffi Burkhart forscht und spricht über den gesellschaftlichen Wertewandel – immer aus der Sicht der Millennials. Die ehemalige Leistungssportlerin (rhythmische Sportgymnastik) weiss, wovon sie spricht: Sie hat zwei Jahre unglücklich in einem Grosskonzern gearbeitet, wechselte danach in ein Start-up, wo sie eine Führungskräfte-Akademie mit aufgebaut und geleitet hat, und gehört selbst zur Generation Y. Die Kölnerin gilt als Deutschlands bekannteste Millennials-Expertin, ist Dozentin und Autorin («Die spinnen, die Jungen!») und wird pro Jahr zu über 120 Veranstaltungen eingeladen, am 15. Juni an den Hospitality Summit in Zürich-Oerlikon.
Der Hospitality Summit 2023
Am Beherbergungskongress von HotellerieSuisse treffen sich am 14. und 15. Juni in der Halle 550 (Zürich Oerlikon) Führungskräfte, Gastgeberinnen und Gastgeber, Fachleute und Partner. Es werden wieder branchenrelevante Themen wie der Fachkräftemangel, Chancen der Nachhaltigkeit, Auswirkungen des digitalen Wandels, die Mobilität der Zukunft, erfolgreiche Positionierungs- und Vermarkungswege sowie die grössten touristischen Hausforderungen und Trends diskutiert. Wissenstransfer und Experten-Inputs zeigen Perspektiven und potenzielle Massnahmen für die Branche. [IMG 2]
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Nora Devenish