Die monatlichen Logiernächtezahlen stehen oft im Zentrum der medialen Berichterstattung über den Schweizer Tourismus. Die medialen Berichterstattungen zu den Logiernächten suggerieren, dass unsere Branche boomt und Rekordgewinne erzielt werden könnten. Als Co-Präsident des Walliser Hotelier-Vereins weiss ich, dass dies ein unvollständiges Bild der betriebswirtschaftlichen Realität unserer Branche widerspiegelt.  

Logiernächte mögen einfach zu erfassen und zu kommunizieren sein, aber sie liefern ein verzerrtes Bild unserer wirtschaftlichen Realität. Sie decken nur einen Teil der Ertragsseite ab, die Kostenseite wird vollständig ausser Acht gelassen. Zudem verteilen sie sich nicht gleichmässig über alle Destinationen, und die aktuell verzeichneten Rekorde stellen nur eine Momentaufnahme dar. Dennoch bleiben sie die Hauptgrösse, mit der Erfolge oder Misserfolge unserer Branche in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Warum ist das so? 

Ein Problem der Fokussierung auf Logiernächte ist, dass sie oft nicht die echten Herausforderungen widerspiegeln, mit denen wir als Hoteliers konfrontiert sind. Während die Logiernächte in manchen Regionen hoch ausfallen, drücken gleichzeitig steigende Kosten (Waren, Dienstleistungen und höhere Löhne) unsere Margen. Besonders die Restauration stellt für viele Hotels eine immense Belastung dar. Die meisten Betriebe, vor allem in touristisch geprägten Regionen, betreiben neben der Beherbergung auch Restaurants. Gerade in diesem Bereich sind die Kosten für Personal und Wareneinsatz in den letzten Jahren explodiert, was unsere Gewinne stark schmälert. Die Betriebsergebnisse (GOP – Gross Operating Profit) sinken trotz steigender oder stabiler Logiernächtezahlen dramatisch. Diese Tatsache wird jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung kaum abgebildet. 

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass wir durch die Betonung der Logiernächtezahlen falsche Schlussfolgerungen provozieren. Es wird suggeriert, dass alle Betriebe von diesen Logiernächte profitieren. Nicht alle Destinationen können von diesen Logiernächten profitieren. Nehmen wir beispielsweise den Rekordmonat August 2024. Das BFS veröffentlicht für 189 Gemeinden spezifische Zahlen. Von den 189 Gemeinden konnten nur 85 Gemeinden bei der Auslastung im Vergleich zum August 2019 zulegen. Das ist weniger als die Hälfte der erfassten Ortschaften. 

Ein zusätzlicher Aspekt, der uns zunehmend Sorgen bereitet, ist die Art und Weise, wie die Politik den Erfolg der Hotellerie bewertet. Allzu oft wird auch in politischen Kreisen der Erfolg unserer Branche anhand der Logiernächtezahlen gemessen. Doch diese allein sind kein Indikator für die wirtschaftliche Stabilität oder die Rentabilität unserer Betriebe. Es ist wichtig, dass die Politik versteht, dass die steigenden Logiernächte nicht automatisch höhere Gewinne bedeuten, insbesondere nicht in Zeiten steigender Kosten für Energie, Personal und Waren. Zudem handelt es sich bei den folgenden Kennzahlen um eine Momentaufnahme. Es kann nicht sein, dass langfristig wirkende Entscheidungen auf Grundlage einer Momentaufnahme getroffen werden. 

Deshalb appelliere ich insbesondere an die politischen Entscheidungsträger: Schauen Sie nicht nur auf die Logiernächte als Massstab für den Erfolg der Hotellerie. Berücksichtigen Sie zusätzliche Kennzahlen wie den GOP oder den Deckungsbeitrag pro Zimmernacht, die viel besser aufzeigen, wie es den Betrieben wirklich geht. Diese Werte liefern ein umfassenderes Bild der wirtschaftlichen Realität und sollten in politischen Diskussionen und Entscheidungen stärker einbezogen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Massnahmen zur Unterstützung der Branche tatsächlich greifen und nicht auf einer verzerrten Wahrnehmung basieren. 

Es ist an der Zeit, dass die Politik ein vollständigeres Verständnis der Herausforderungen und Chancen unserer Branche entwickelt, um gezielt und nachhaltig zu handeln. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die monatlichen Zahlen der Hotellerie die Realität abbildet – nicht nur die Zahlen, die sich einfach vermarkten lassen. Denn letztlich geht es um die Zukunft unserer Branche und die Arbeitsplätze, die davon abhängen. 

Olivier Andenmatten is Co-Präsident des Walliser Hotelier-Vereins.