Eine gute Strategie und professionelles Branding sind die Basis des Erfolgs und verdienen besonderes Augenmerk. Nicht nur während eines langfristigen Prozesses (Masterplan, Rebranding usw.), sondern auch bei der Umsetzung.
Die Realität sieht häufig anders aus: Zu schnell kommt man vom Weg ab, zu rasch wird ein festgelegtes CI/CD verwässert, und bei der Signaletik wird mal eben improvisiert. Es geht ja nicht nur um ein Logo, sondern um einen Markenkern, dessen Werte gelebt werden wollen. Um einen ästhetischen Leitfaden und um Stil. Gäste und Einheimische sollen diesen Stil sehen, fühlen, riechen, spüren. Wie singt Bligg in seinem Song von 2010 doch so schön: Manhattan …
Abgeleitet davon werden bei Kampagnen oft und bequem die Copy-Paste-Tasten gedrückt. Bei einer internen Analyse wähnte man sich bei Krankenkassen: Von 20 Winterkampagnen sehen 18 fast identisch aus: blauer Himmel, weisser Schnee und ein Mensch beim Skifahren. Differenzierung geht anders.
Wie wärs mit etwas mehr «Out of the box»-Denken und einer Portion Mut? Wir sind die vielleicht emotionalste Branche überhaupt, dennoch vermarkten wir uns oft zu bieder und sind austauschbar. Dabei wäre frech, erfrischend und kreativ doch einen Versuch wert. Die Strategie will mit emotionalen Erlebnissen auf Spur gebracht werden. Die Schweiz macht vieles richtig. Gleichzeitig täte uns ein Blick über den Tellerrand hinaus gut. Das Ausland holt auf, in einigen Bereichen hat es uns überholt. Touristische Akteure ennet der Grenze sind sehr erfolgreich, auch und gerade mit Schweizer Gästen. A bon entendeur...
Wie wärs mit etwas mehr «Out of the box»-Denken und einer Portion Mut?
Ich lehne mich aus dem Fenster, weil ich diese Prozesse mehrmals umsetzen durfte: Montreux Riviera, Made in Bern, Leukerbad, nun im täglichen Schaffen auf der anderen Seite und im gleichen Boot. Immer mit Lokalkolorit beziehungsweise DNA und immer mit Blick auf das Big Picture. Bei Saint Elmo’s Tourism dürfen wir seit Jahren Kunden wie die Stoosbahnen, Tirol Werbung, das Bike-Festival am Gardasee oder das Hotel Bachmair in Weissach begleiten. Eine besonders gelungene Kampagne ist meines Erachtens «Icon of the Alps» von Sölden. Wie eine trendige Modemarke positioniert sich die Destination mit den Bergbahnen im Lead eigenständig und sexy. Dabei ist der Trendsetter Lucas Pinheiro Braathen der perfekte Markenbotschafter.
Als international tätige Agentur im Tourismusmarketing sehen wir uns auf Augenhöhe mit der Branche. Viele von uns haben auch auf der anderen Seite gearbeitet und kennen die Herausforderung aus eigener Erfahrung. Am VSTM-Management-Seminar in Crans-Montana haben wir den Schwarzwald-Monitor Tourismus vorgestellt. Dabei stiess die Umsetzung mit Dashboard und Yield Management auf ein beachtliches Interesse. Ich bin erstaunt, dass das auf Ebene Destination nicht schon längst Standard ist. Wie mühsam und ungenau war es, als ich auf Medienanfragen den ungefähren Stand der Buchungen einschätzen musste. Es fühlte sich an, wie den Finger in den Wind zu halten ... Nach wie vor wird zu viel Augenmerk auf Logiernächte gelegt. Es wäre doch langsam an der Zeit, aussagekräftigere Kennzahlen und Wertschöpfung wie in der Airlinebranche in den Vordergrund zu stellen.
Eine Agentur bringt Expertenwissen und Erfahrung ein. So basiert das Monitoring auf relevanten Kennzahlen. Livedaten werden erfasst und Events ökonomisch bewertet. Es geht um Social Listening, KI-basierte Auswertungen und konkrete Lösungsansätze – sei dies in der Produktgestaltung, in der Umsetzung von Kampagnen oder bei der Übersetzung von externem Wissen. Beispiele gibt es viele: Schwarzwald als grossflächige DMO, Dolomiti Super Ski als Marketingverbund oder Visit Berlin als international erfolgreiche Stadt.
Es mangelt nicht an erfolgreichen Benchmarks, aber man muss von ihnen lernen. Tourismus gleicht einem Querschnitt des Lebens, er verbindet Menschen und Kulturen. Auf uns wird geschaut, also, liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen wir die Chancen!
Harry John ist Verantwortlicher Schweiz bei Saint Elmo’s Tourism.