Ein Preismodell wie das «meteo-dynamische Pricing» lockt nachweislich zusätzliche Wintersportler in ein Skigebiet; vor allem an Tagen mit schlechteren Wetterbedingungen, an denen Auslastung und Verkaufserlös sonst eher gering sind. Zu diesem Ergebnis kam eine zweijährige Untersuchung der Fachhochschule St. Gallen. Dank den zusätzlichen Gästen können die Rabattkosten kompensiert und der Umsatz profitabel gesteigert werden. Unter Berücksichtigung des Umsatzverlusts bei Personen, die auch zu regulären Ticketpreisen gekauft hätten, ergab sich durch den Verkauf der wetterabhängigenTageskarte in den untersuchten Wintersportgebieten ein Umsatz von über 250'000 Franken, schreibt die FHS St. Gallen in einer entsprechenden Mitteilung. 

Zwei Wintersportsaisonen lang bestimmte das Wetter die Online-Tagesticketpreise bei den Pizolbahnen im Sarganserland und den Belalp Bahnen im Oberwallis: Bei schlechtem Wetter gab es bis zu 50 Prozent Preisreduktion. Das «meteo-dynamische Pricing» oder wetterabhängige Preismanagement war ein Forschungsprojekt der Fachhochschule St.Gallen (FHS), welches nun abgeschlossen ist. Wie sich zeigte, konnten damit sowohl mehr Wintersportler in die jeweilige Wintersportregion gebracht, als auch ein beachtlicher Zusatzumsatz erzielt werden. «Wir konnten durch unsere Forschung belegen, dass ein wetterabhängiges Ticketing wirksame Kaufanreize setzt und einen positiven Umsatzbeitrag leistet. Im Vergleich zu einem starren Einheitspreis wird auf die variierende Zahlungsbereitschaft der Kunden bei unterschiedlichen Wetterbedingungen Rücksicht genommen», erklärt Projektleiter Prof. Dr. Dietmar Kremmel vom Institut für Unternehmensführung IFU-FHS. [IMG 2]

Mehr zusätzlich eingenommen als durch die Rabatte verloren
Eine zentrale Forschungsfrage bestand in den ökonomischen Auswirkungen eines meteo-dynamischen Pricings, das heisst ob sich der wetterabhängige Preisnachlass bezahlt macht. Es konnte in beiden Wintersportgebieten mit 3500 Buchenden ein Umsatz von 330'000 Franken erzielt werden. Der Umsatz mit Kunden, die auch ohne das Angebot einer preisreduzierten wetterabhängigen Tageskarte gekommen wären, betrug dabei 170'000 Franken und diese profitierten gesamthaft von einem Preisvorteil in der Höhe von 64'000 Franken. Dies entspricht einem durchschnittlichen Rabatt von 27 Prozent auf den Preis einer regulären Tageskarte.

Der Zusatzumsatz mit Kunden, die ausschliesslich aufgrund der wetterabhängigen Tageskarte den Wintersporttag verbrachten, betrug 160'000 Franken. Damit überstieg der Zusatzumsatz die Rabattkosten bei Weitem. «Abzüglich der Einnahmen, die durch den Rabatt verloren gingen, konnten die beiden Skigebiete mit der wetterabhängigen Tageskarte immer noch über eine Viertelmillion an Umsatz generieren. Und dieser Umsatz wurde vornehmlich an jenen Tagen erzielt, die aufgrund der schlechteren Wetterbedingungen normalerweise als umsatzschwach gelten», so Kremmel. [IMG 3]

Neue Personen ins Skigebiet gelockt
Im Schnitt konnten in beiden Gebieten knapp über 50 Prozent der Kunden aufgrund des Angebots einer wetterabhängigen Tageskarte gewonnen werden. Diese rund 1800 Zusatzkunden erwarben circa 5000 Tickets der insgesamt rund 10'000 verkauften Tageskarten, die über die Buchungsplattform tipo ticketing gebucht wurden. Wie eine Umfrage ergab, konnten zahlreiche Kunden durch die Innovation der wetterabhängigen Tageskarte zum ersten Mal ins jeweilige Skigebiet gelockt werden. In der Wintersportregion Belalp betrug dieser Wert fast 20 Prozent während im Pizol, mit noch höherem Tagesgastanteil, der Wert nahezu 35 Prozent erreichte.

Entsprechend stellt Jacqueline Fux von den Belalpbahnen fest, dass sowohl Stammgästen ein interessantes Angebot gemacht werden konnte sowie neue Gäste davon überzeugt werden konnten, die Wintersportregion zu besuchen. Klaus Nussbaumer, CEO der Pizolbahnen, ergänzt: «Während es noch viele andere Felder gibt, die man pflegen und bewirtschaften muss, leistet das wetterabhängige Preismanagement einen wichtigen positiven Beitrag an den Gesamtumsatz. Der Impact und Nutzen sind vorhanden.» [IMG 4]

Wetterabhängige Tageskarte wird fortgeführt
Aus der Umfrage nach dem Skitag ist für beide Wintersportregionen klar ersichtlich, dass die Kunden mit der wetterabhängigen Tageskarte sehr zufrieden sind. In der Buchung einer wetterabhängigen Tageskarte wird ein grosser Vorteil gesehen, mit dem nur ein moderates Risiko verbunden ist. Da die Mehrheit der Kunden relativ kurzfristig am Skitag selber oder 1–2 Tage davor buchte, ist zum einen die Wetterprognose relativ genau und zum anderen wird sofort bei der Buchung ein wetterabhängiger Preisvorteil realisiert. «Für den Grossteil der Kunden gab es daher keine grösseren Abweichungen zur Prognose von SRF-Meteo bzw. falls eine solche auftrat, hatte das kaum Auswirkungen auf die hohe Kundenzufriedenheit,» bemerkte Dietmar Kremmel. Wie die Untersuchung zudem belegt, weisen insbesondere die Weiterempfehlungsabsicht und die Wiederkaufsrate bei den Käufern der wetterabhängigen Tageskarte sehr hohe Werte auf.

Auch nach Beendigung des Forschungsprojekts mit der FHS St.Gallen wird das Konzept des meteo-dynamischen Pricings und seine wetterabhängige Tageskarte durch die Buchungsplattform tipo ticketing weitergeführt. Dabei sollen neben den bestehenden Partnern Belalp und Pizol auch weitere Skigebiete gewonnen werden. «Die überzeugenden Ergebnisse haben uns darin bestärkt, auch weiterhin auf meteo-dynamisches Ticketing zu setzen. Auf Basis der Erkenntnisse des Forschungsprojekts und der bestens funktionierenden Lösung sehen wir uns auf gutem Wege, auch weitere Bergbahnen von den Vorteilen zu überzeugen», sagt Rahel Ryf, Mitglied der Geschäftsleitung bei tipo ticketing. (htr/og)


Pionierprojekt in Europa
Dynamisches Preismanagement ist in der Hotellerie, bei Reiseveranstaltern und Fluganbietern, bei den SBB sowie im Online-Handel gängige Praxis. Die Unternehmen passen damit ihre Verkaufspreise anhand verschiedener Faktoren dem aktuellen Marktbedarf fortlaufend an. Dafür werden meist der Buchungszeitpunkt, aber auch externe Faktoren oder Kundendaten herangezogen. Auf diese Weise können Unternehmen mit dem dynamischen Preismanagement Kaufanreize setzen und strategisch planende Kunden belohnen. Erstmalig wurde in einem Forschungsprojekt mit der Fachhochschule St.Gallen (FHS), Hochschule für Angewandte Wissenschaften, der Preis von Tageskarten ausschliesslich auf Basis der zu erwartenden Wetterbedingungen angepasst. In Zusammenarbeit mit dem Ticketing-Spezialisten tipo ticketing GmbH und SRF Meteo als Datenprovider wurde gemeinsam mit den Belalp Bahnen im Oberwallis und den Pizolbahnen im Sarganserland ein speziell auf die Bedürfnisse der Wintersportler zugeschnittenes meteo-dynamisches (wetterabhängiges) Preismanagement entwickelt.

«Durch meteo-dynamisch bepreiste Tickets wird ein neues, sehr attraktives Angebot geschaffen, das der wechselnden Zahlungsbereitschaft der Kunden bei unterschiedlichen Wetterbedingungen gerecht wird», erläutert Prof. Dr. Dietmar Kremmel, Leiter des Forschungsprojekts von der FHS St.Gallen. Die FHS untersuchte während zwei Saisons die ökonomischen Auswirkungen eines wetterabhängigen Preismanagements. Als erste Wintersportgebiete in Europa setzten die beiden Bergbahnen im Rahmen dieses von der Schweizerischen Kommission für Technologie und Innovation (neu Innosuisse) unterstützten Forschungsprojekts auf wetterabhängiges, dynamisches Preismanagement. Damit wurde ein einzigartiges neues Angebot geschaffen, das auch bei schlechten Wetterbedingungen einen Anreiz für einen Wintersporttag schafft und dazu beiträgt, Zusatzerträge zu erwirtschaften und die Auslastung zu erhöhen.

htr/og