Eigentlich sollte in Celerina am Montagabend die Gemeindeversammlung über ein neues Wohnbauförderungsgesetz befinden, mit dem der Gemeindevorstand den Mangel an Wohnungen für Ortsansässige angehen wollte. Doch wenige Tage vor der Versammlung machten Medien eine in Celerina in grossem Stil geplante Wohnungsumnutzung publik. Der Fall bewegte die Gemüter über das Engadin hinaus.
Mieterinnen und Mietern von 22 Erstwohnungen in einem Mehrfamilienhaus, darunter mehrere Familien, verlieren ihr Zuhause und müssen ausziehen. Eine Zuger Immobiliengesellschaft hatte das grosse Wohnhaus gekauft und will darin 14 Luxuswohnungen im High-End-Segment erstellen. Die Wohnungen will das Unternehmen verkaufen, in erster Linie auf dem Ferienwohnungsmarkt. Der Fall wurde durch Recherchen des Regionaljournals Graubünden von Radio SRF und der Lokalzeitung «Engadiner Post» bekannt.
Gemeinde will Zeit gewinnen
Gemeindepräsident Christian Brantschen sagte danach zum Regionaljournal, die Gemeinde prüfe, eine Planungszone zu erlassen. Das hat der Gemeindevorstand jetzt getan. Der Baustopp gilt auf dem ganzen Gemeindegebiet, aber nur für die Umnutzung von Erst- zu Zweitwohnungen.
Die Gemeinde wolle mit dem Erlass Zeit gewinnen, um «unerwünschte Entwicklungen anschauen zu können», sagte Brantschen am Montagabend an der Gemeindeversammlung. Man wolle diskutieren «was möglich ist» und ob es neue gesetzliche Vorgaben brauche.
Plötzliche Wohnungsnot
Die Schwierigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist für die Bevölkerung des Oberengadins seit vielen Jahren ein Thema. In den letzten zwei Jahren wuchs sich das Problem aber sehr schnell zu einer eigentlichen Erstwohnungsnot aus. Diese scheint manche örtlichen Behörden überrollt zu haben.
Als Treiber der negativen Entwicklung werden in der Region zwei Faktoren an erster Stelle genannt: Unerwünschte Nebenwirkungen der Zweitwohnungsinitiative und die Corona-Pandemie.
Im Januar zog die Gemeinde Sils als erste die Reissleine und verhängte eine Planungszone. Die Region Maloja, zu der das Oberengadin gehört, reagierte mit einer Studie. Diese soll aufzeigen, mit welchen Massnahmen der kritischen Situation auf dem Wohnungsmarkt begegnet werden soll. Die Ergebnisse sollen in diesen Tagen vorliegen. (sda/nde)