Die Bedenken hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit sind unbegründet. Das Reisen nimmt mit dem global steigenden Wohlstand zu, und auch die wachsende Schweizer Bevölkerung mit stabiler Kaufkraft bleibt reisefreudig. Eine Karriere im Tourismus ist vielversprechend. Doch gut ausgebildete Fachkräfte werden rar. Noch kann sich der Schweizer Tourismus dank des sehr guten Bildungssystems mit einem breiten Angebot an touristischen Aus- und Weiterbildungslehrgängen auf ein hohes Qualitätsniveau berufen. Wie lange noch?

Im Bereich der höheren Berufsbildung ist die Zahl an Studierenden schweizweit zwischen 2017 und 2023 um über 22 Prozent zurückgegangen. Und dies, obwohl sämtliche Ausbildungsinstitute ihre Lehrgänge revidiert haben, der Digitalisierung und nachhaltigen Entwicklung Rechnung tragen und sich durch eine hohe Praxisnähe auszeichnen.

Diese Entwicklung haben nicht nur die Lehrbetriebe, sondern auch die Fachhochschulen und höheren Fachschulen gespürt.

Fehlende Fachkräfte als Resultat
Die rückgängige Entwicklung der Anzahl Studierenden hat direkt negative Auswirkungen auf den Fachkräftenachwuchs im Tourismus. Praktikumsstellen wie auch Festanstellungen von Junior-Managerinnen und -Managern können nicht besetzt werden. Die Ausbildungsinstitute sind zudem schon länger damit konfrontiert, dass ihre Absolvierenden durch branchenfremde Unternehmen wie Versicherungen oder Finanzinstitute oder auch durch die Pharmaindustrie und den Detailhandel abgeworben werden. Menschen mit einer fundierten und breiten Grundausbildung, Fremdsprachenkenntnissen, aber auch mit hoher Dienstleistungsbereitschaft und Organisationsfähigkeit werden mit Handkuss eingestellt.

Ein geeintes Vorgehen der Schweizer Tourismusvertreter ist unumgänglich.

Innovative Ausbildungsmöglichkeiten
Die Ausbildungen im Tourismus werden fälschlicherweise stets auf Frontoffice-Stellen in der Hotellerie, Gastronomie oder in Reise- oder Tourismusbüros reduziert. Die Ausbildungen decken viel mehr ab: Projektmanagement, Produkt- und Eventmanagement, Marketing und Kommunikation, Unternehmensführung und Betriebswirtschaft. Es sind Ausbildungen, die den heutigen vielseitigen und sich rasch entwickelnden Marktbedürfnissen gerecht werden: von der sinnvollen Integration von KI über die digitale Customer Journey bis zum systemischen Ansatz bei der Entwicklung einer nachhaltig wirksamen Tourismusstrategie.

Der Tourismus muss geeint vorangehen
Natürlich sind die Arbeitgebenden in erster Linie gefordert, spannende Stellenprofile anzubieten, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und dies auch zu kommunizieren. Dies findet zunehmend statt. Tourismusorganisationen und Leistungsträger haben die Notwendigkeit erkannt und investieren in die Nachwuchskräfte. Jedoch reicht dies vor allem in der klein strukturierten Tourismusbranche nicht aus. Grosse, finanzstarke Unternehmen oder Verbände locken seit Jahren mit aufwendigen Kampagnen junge Menschen in tourismusfremde Bereiche.

Ein geeintes Vorgehen der Schweizer Tourismusvertreterinnen und -vertreter ist unumgänglich, um junge Menschen und ihre Eltern bereits beim Ausbildungsentscheid positiv zu beeinflussen. Die abwechslungsreichen Berufs- wie auch Entwicklungsmöglichkeiten müssen aufgezeigt werden: ob es nun koordinierte und attraktive Einblicke in die Tourismusunternehmen oder schweizweit organisierte Karrieretage sind. Um genügend Durchschlagskraft zu entwickeln, braucht es eine enge Zusammenarbeit unter den Ausbildungsinstitutionen und mit den Praxispartnern wie auch die Entwicklung von konkreten Massnahmen, welche gemeinsam getragen und umgesetzt werden.

Ursula Oehy Bubel ist seit 2019 Rektorin der Höheren Fachschule für Tourismus & Management in Samedan GR. 

Ursula Oehy Bubel